Erste Wiener Weine aus "Ersten Lagen" im Verkauf
Die sechs WienWein-Winzer (Wieninger, Mayer am Pfarrplatz, Christ, Edlmoser, Fuhrgassl-Huber und Stadtweingut Cobenzl) bringen mit 1. September die ersten 22 „ÖTW.Erste Lage“-Weine auf den Markt – also Weine aus den zwölf besten Rieden Wiens. Diese wurden zuvor nach den Vorgaben der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW) im Bezug auf Bodenbeschaffenheit und Mikroklima klassifiziert. Gemeinsam mit den 60 Ersten Lagen der ÖTW-Mitglieder aus dem Kamp-, Krems- und Traisental sowie vom Wagram gibt es damit nun bereits 72 "Filetstücke" der jeweiligen Weinbauregionen. In den nächsten beiden Jahren sollen auch Top-Lagen aus Carnuntum dazu.kommen.
Damit folgen heimische Spitzenwinzer wie Gerhard Lobner vom Weingut Mayer am Pfarrplatz dem internationalen Trend. „Die Herkunft ist das prägende Qualitätskriterium eines Weins. Die Lage entscheidet über Charakter, Reifepotenzial und aromatische Besonderheiten“, sagt Lobner.
Das System der Top-Lagen soll aber nicht nur den sechs WienWein-Winzern vorbehalten bleiben. Ab 2019 können auch andere Betriebe die ÖTW-Klassifizierung ihrer Lagen beantragen.
2,9 Prozent der Wiener Anbaufläche
Derzeit sind nur Rieden zugelassen, auf denen Gemischter Satz, Grüner Veltliner, Riesling oder Weißburgunder gedeihen. Und zwar die Rieden Falkenberg, Wiesthalen, Ulm, Gollin, Rosengartel, Preussen, Langteufel, Steinberg, Seidenhaus, Schenkenberg, Himmel sowie Sätzen. Insgesamt verfügt Wien über 145 Rieden und eine Anbaufläche von 637 Hektar – die zwölf „Ersten Lagen“ machen 18,4 Hektar, also 2,9 Prozent der Gesamtfläche aus.
Die Klassifizierung soll helfen, bei den Konsumenten das Bewusstsein für die Wiener Weinlagen neu zu wecken. "Bis Mitte des vorigen Jahrhunderts ware es ganz normal, Wein nach seiner Herkunft zu benennen", erklärt Winzer Rainer Christ. Weinliebhaber tranken einen "Nussberger", einen "Neustifter" oder einen "Bisamberger". Erst später wurde es üblich, die Weine nach Sorten zu unterscheiden und ihnen Fantasienamen zu geben. Durch die Lagenklassifizierung sollen die alten Riedennamen und ihre Charakteristika wieder mehr Bekanntheit erlangen.
Die ÖTW haben die Einteilung der Weine in fünf Stufen als Fernziel: Gebietswein, Ortswein und Riedenwein. Die Weine aus Einzellagen haben zudem die Chance, als Erste und letztlich sogar als Große Lage zertifiziert zu werden.
Auch Skepsis in der Weinbranche
Uneingeschrenkt glücklich mit Lagenklassifizierung ist allerdings nicht jeder in der Weinbranche. Wie berichtet, äußert etwa Willi Klinger, Chef des Österreichischen Wein-Marketings (ÖWM) Bedenken - weil die Materie geeignet sei, „jede Menge Streit zu säen und die Winzerschaft zu spalten".
Eine Lagenklassifikation sei „immer ein elitäres Instrument, um die Preise großer Weine aus erstklassigen Rieden zu steigern“, sagt Klinger. Das sei zwar legitim, habe „zwangsläufig aber eine Verzerrung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zur Folge“ – wie in Frankreich zu sehen sei: „Dort kosten Grands Crus heutzutage zwischen 500 und 5000 Euro pro Flasche.“
Dass Spitzenwinzer, die eine Lagenklassifikation wollen, private Regelwerke erarbeiten und propagieren, sei „ganz schlecht“ und führe zu einem „kommunikativen Durcheinander, bei dem niemand – schon gar nicht der Konsument – den Überblick behält“, meint Klinger. Daher habe das Nationale Komitee eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Kriterien für eine allgemeingültige gesetzliche Regelung erarbeiten soll.
Österreichs Spitzenwinzer glauben allerdings nicht, dass bei heimischen Lagenweinen Preissteigerungen wie etwa in Frankreich möglich wären. "Das würde der Konsument nicht goutieren", sagt etwa Gerhard Markowitsch, der Obmann der 42 neuen ÖTW-Weingüter aus Carnuntum. Langfristig sei eine Preiserhöhung „um 10 bis 15 Prozent“ denkbar.
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