Endstation Pizza
Die Endstation Rodaun liegt hart an der Stadtgrenze; auf dem Rückweg fährt der 60er tatsächlich kurz über Perchtoldsdorfer Gemeindegebiet. Im Stationsgebäude gibt es nicht nur WCs, sondern auch Gastronomie. Früher befand sich hier eine zum Ambiente passende Jausenstation. Im Dezember wurde sie von der Pizzeria „La’ Lotte“ abgelöst.
„Wir sind eine authentische neapolitanische Pizzeria“, erklärt der ungarische Wirt und zeigt stolz den Spezialofen, der sich auf 440° erhitzen lässt. Der Ruf des kleinen Lokals habe sich bis nach Vösendorf herumgesprochen, sagt Tamas Miko.
Rodaun wurde 1938 eingemeindet, als die Nazis die Stadt zu „Groß-Wien“ erweiterten. Vielleicht ist deshalb heute an jedem zweiten Rodauner Straßenschild eine Zusatztafel montiert, die auf „problematische“ Biografien verweist. Die Manowardagasse etwa ist nach dem Opernsänger Josef von Manowarda benannt, der sich ab 1933 leider auch „aktiv nationalsozialistisch“ betätigte.
Rodauner Strizzi
In der Manowardagasse betreibt Kurt Tojner seit 2016 die Rodauner Biermanufaktur. Die Biere, die er dort entwickelt, kann man vor Ort nicht kaufen; es gibt sie im Getränkefachhandel und jeden Freitag am Liesinger Markt. Am besten geht der „Rodauner Strizzi“, sagt der Kleinbrauer, „ein sehr leichtes Wiener Lager“.
Sein dörflicher Charakter ist Rodaun heute noch anzusehen. Dass wir uns in Wien befinden, erkennt man vor allem an den brutalistischen Gemeindebauten; in einem davon gab es einst eine „Konsum“-Filiale – wenn man genau hinschaut, erkennt man die Schatten des Schriftzugs noch an der Fassade.
Die Ketzergasse, einer der längsten Straßenzüge Wiens, führt mitten durch Rodaun. Über weite Strecken eine stark frequentierte Hauptstraße, wird sie erst auf den letzten Metern zur Gasse. In diesem Teil der Ketzergasse, auf Nr. 471 (!), befindet sich mit dem „Hofmannsthal-Schlössel“ der literaturgeschichtlich bedeutendste Ort Rodauns.
Der Dichter Hugo von Hofmannsthal wohnte hier in seinen letzten Jahren. Das noble Objekt kann nur von außen besichtigt werden; drinnen wohnt und praktiziert eine auf Homöopathie spezialisierte Ärztin.
Bim nach Mödling
Die große Grünfläche neben der Endstation verweist auf die Linie 360, die bis 1967 von Rodaun bis Mödling fuhr. Die Schienen der alten Wendeschleife sind großteils noch erhalten. Nur noch historischen Wert hat auch die Tafel, die für den seit Jahren geschlossenen Gasthof Seewiese („Gehzeit 1 ½ Std.“) wirbt.
Besonders an den Wochenenden aber wird Rodaun nach wie vor gerne von Wanderern angesteuert. Die Endstation ist Start und Ziel des 12,5 Kilometer langen Stadtwanderwegs 6, der über die Perchtoldsdorfer Heide zur Wiener Hütte und über den Maurer Wald wieder zurück nach Rodaun führt. Danach eine neapolitanische Pizza.
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