Endstation: Mit der Bim bis zum Bisamberg

Eine Wiener Straßenbahn der Linie 30 nach Floridsdorf steht an einer Haltestelle.
In Stammersdorf wenden die Linien 30 und 31. Im Ort gibt es zahlreiche Heurigen, doch auch der Bahnhofplatz ohne Eisenbahn hat es in sich.
Von Uwe Mauch

Die Anreise mit dem 30er oder 31er erlaubt – man muss das so deutlich sagen – gegen Ende der Fahrt, auf der Brünner Straße, wenig Urlaubsfeeling: Möbelhäuser, Wohnhäuser, Mediamärkte, Supermärkte und Baumärkte, Tankstellen – eine ästhetische Niederlage reiht sich hier nahtlos an die nächste.

Ein Denkmal mit alten Eisenbahnrädern und einem Signal vor einer Wiener Straßenbahn.

Wenn unterwegs nichts schiefgeht, dann dauert die gefühlte Weltreise vom Schottenring mit dem 31er nach Stammersdorf rund 36 Fahrminuten. Vom Bahnhof Floridsdorf sind es immer noch 15 Minuten.

Dalmatinische „Buwu“

Am nördlichen Ende von Wien sticht zunächst eine knallrote Diesellok ins Auge. Sie hat die eisenbahninterne Ordnungsnummer 2060 und wurde in den 1950er-Jahren von den Jenbacher Werken gebaut.

Eine rote ÖBB-Lokomotive steht auf einem Gleis in einer städtischen Umgebung.

Mit dem historischen, von den ÖBB nicht mehr benötigten Bahnhofsgebäude auf dem Bahnhofplatz erinnert sie an die Bauern aus dem nahen Weinviertel, die einst mit der Eisenbahn in die Stadt gekommen sind, um in Wien ihre Ernte an die Menschen zu bringen.

Auf Info-Tafeln ist die Geschichte der Stammersdorfer Lokalbahn gut beschrieben. Ein kurzes  Stück Schiene, ein Wagenrad und ein Eisenbahnsignal markieren auch den Beginn des Dampflok-Radwegs, der zumindest bis zum Weinort Bockfließ dem alten Streckenverlauf folgt.

Ein Würstelstand an einer Straße mit einem Schild darauf.

Wer nach der Anreise eine Stärkung benötigt, wird beim Würstelstand am Eck gut und freundlich bedient. Inhaber Luka stammt aus Dalmatien, lebt aber schon seit 40 Jahren in Wien. Seit 25 Jahren verkauft er Hotdogs (die kosten aktuell 4 Euro) und „Buwus“ (das Burenwürstel für 5 Euro).

Wien 21 zieht Luka dem Leben am Meer vor. Wegen des deutlich höheren Lebensstandards, wie er anmerkt. Auch wenn die Zeiten für die Gastronomie nicht leichter geworden sind: „Was ich vor ein paar Jahren hier in einer Woche verdient habe, das verdiene ich jetzt in zwei.“

Ein Foto von sich will der Fast-Food-Gastronom nicht unbedingt in der Zeitung sehen. Zu seinem Alter sagt er mit einem Augenzwinkern: „Gute 60, würde man bei uns in Kroatien sagen.“

Zwei Frauen stehen vor einem Bioladen mit handbeschriebenen Tafeln, die Eis und Käse aus Dänemark anpreisen.

Wer keine heiße Wurst essen möchte, findet im Bio-Laden im Haus dahinter womöglich eine Alternative. Annekatrin und Ena, die beiden „Naturgreißlerinnen“, kredenzen Kaffee, Tee, Kuchen, auch Suppen und Eintopf.

Wer aus dem alten Heurigenort etwas mitnehmen möchte, dem geben sie Kartoffel, Knofel und Traubensaft vom nahe gelegenen Biohof Nr. 5 mit auf den Heimweg. Seit zehn Jahren bieten die beiden Frauen ihre Köstlichkeiten an. „Nach unserem Wissen sind wir zurzeit der einzige Naturkostladen in Floridsdorf.“

Ein Denkmal mit alten Eisenbahnrädern und einem Signal vor einer Wiener Straßenbahn.

Ein Schild der Straßenbahnhaltestelle Stammersdorf, Linie 31, vor blauem Himmel.

Fahrräder stehen vor dem Blumengeschäft „Blumen & Garten“.

Ein gelbes Wegweiserschild mit Zielen im Regionalpark The Anger, darunter Gerasdorf und Stammersdorf.

Eine rote Lokomotive steht auf einem Gleis in einer städtischen Umgebung.

Eine rote Diesellokomotive steht neben einer modernen Straßenbahn.

Wer kurzfristig Blumen benötigt, erhält sie nebenan, auch ein Haarschnitt vom Coiffeur ums Eck könnte an den Besuch der Endstation in Stammersdorf erinnern.

Apropos ums Eck: Ums andere Eck starten der Stadtwanderweg Nr. 5 hinauf zum Bisamberg und der ebenso beliebte Heurigenpfad. Fein zum Ansehen sind dort all die niedrigen Häuser mit den lang gezogenen Höfen dahinter, die daran erinnern, dass Stammersdorf bis 1938 ein Weinviertler Dorf war, vor den Toren des Wiens.

Ein Schild in Stammersdorf wirbt für die Kellergasse und einen Würstelstand.

Heiter heimwärts

Teil der Haltestelle ist auch eine modern ausgestattete öffentliche Bedürfnisanstalt. Außerdem ein Bankomat und eine nicht unwesentliche Hinweistafel, welche Heurige in Stammersdorf aktuell „ausg’steckt“ haben. Die Weintraube auf den Hängen des Bisambergs ist auch ein wesentliches Argument für einen Tramway-Ausflug nach Stammersdorf.

Die Wirkung des vergorenen Traubensafts ist abends auch bei der Heimfahrt Richtung Stadt erkennbar. Wenn der „Brünnerstrassler“ auf der Brünner Straße seine volle Wirkung entfaltet, kann es schon vorkommen, dass es in der Bim etwas lauter wird.

Auch die Märkte rechts und links der Straße, die Unmengen an Autos und der viele Asphalt wirken jetzt, im nunmehr leicht übererfrischten Zustand, nicht mehr so öde wie bei der Hinfahrt.

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