Einer, der auszog, um sich dem IS-Terror anzuschließen

Im März kehrte der 16-Jährige nach Österreich zurück. Seine Rolle im IS wird im Prozess durchleuchtet.
Mitte Juli steht Oliver N. vor Gericht. Laut Anklage soll er in Syrien gekämpft haben.

Oliver N. hat schon viel erzählt, seit er aus Syrien zurückgekehrt ist. Der 16-jährige Lehrling aus Wien-Floridsdorf, der in den "Heiligen Krieg" zog, berichtete über den Tod des Austro-Dschihadisten Firas H., über seine angebliche Aufgabe als Rettungsfahrer vor Ort und über seine schwere Verwundung – er büßte bei einem Bombenangriff eine Niere, die Milz und die halbe Lunge ein.

Mitte Juli wird er wieder sprechen. Dann vor dem Richter. Die Anklageschrift, die dem KURIER vorliegt, wirft dem Burschen unter anderem vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein und sich für terroristische Zwecke ausbilden haben zu lassen. Der Strafrahmen beträgt fünf Jahre. Verhandelt wird am 13. und 15. Juli.

Kämpfer oder Helfer?

Sechseinhalb Monate war Oliver N. in Syrien und im Irak, um den IS zu unterstützen. Im Mai 2014 war er zum Islam konvertiert. Im August reiste er mit einem Deutschen nach Istanbul, um sich dann nach Syrien abzusetzen.

In welcher Form genau er für den IS tätig war, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen. Der Staatsanwalt ist davon überzeugt, dass der Lehrling auch an Kampfhandlungen aufseiten des IS teilnahm. Das wird auch durch ein Handy-Telefonat bekräftigt. Darin teilt ein "Bruder Mohammed" mit, dass "Oliver sich nun zehn Tage nicht mehr melden wird können, weil dieser gerade kämpft."

Einer, der auszog, um sich dem IS-Terror anzuschließen
Dschihadist, Prozess Krems, Terrororganisation, IS, ISIS, Magomed Z., Verteidiger Wolfgang Blaschitz.
Oliver N. und sein Anwalt Wolfgang Blaschitz stellen das anders da. Der Bursche sei bloß Rettungsfahrer – und in dieser Funktion in den Kampfgebieten unterwegs gewesen.

"Er wird sich zum Vorwurf der Mitgliedschaft an einer terroristischen Vereinigung in seiner untersten Form schuldig bekennen", erklärt Blaschitz. "Aber wenn ich zum IS fahre, mich dort wichtig mache, mit dem Rettungswagen fahre und dort keinen nachhaltigen Eindruck hinterlasse und wenig später wieder weg will, dann würde ich meinen, das ist eine freiwillige Abkehr. Und die sollte straflos sein."

Feststeht: Oliver N. dürfte zumindest eine entsprechende Waffen-Ausbildung in einem Camp bekommen haben. Und er trat in einem Propaganda-Video, das auf YouTube veröffentlicht wurde, auf. Darin erklärte er: "Wir haben uns heute hier versammelt, um die Schafe hier zu schlachten und ich will euch dazu einladen, auch die Kufar (Ungläubige, Anm.) zu schlachten in "Daula Kufr" (Staaten der Ungläubigen, Anm.). Kommt her zum Islamischen Staat, nur hier findet ihr Ehre (...) Ich lade euch auch dazu ein, hierher zu kommen und zu schlachten, die Kufar schlachten." Auch persönliche Drohungen gegen andere Personen soll er über soziale Netzwerke getätigt haben. "Wie weit sich diese Personen tatsächlich bedroht gefühlt haben, werden wir bei Gericht abklären", meint Verteidiger Blaschitz. "Er saß ja in Syrien. Aus der Distanz war das gar nicht möglich."

Abgesondert

Die Rückkehr des Burschen Mitte März war tatsächlich freiwillig. Und sie war mit den heimischen Behörden abgesprochen.

Eine psychiatrische Gutachterin attestierte Oliver N. eine Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen – was daraus resultieren soll, dass "sein Heranwachsen durch Instabilität und fehlende Geborgenheit und Wertschätzung gekennzeichnet" gewesen sei. Seine Gefährlichkeitsprognose stufte sie als "mäßig günstig" ein.

Oliver N. gehe es relativ gut, berichtet sein Anwalt. "Er wird abgesondert angehalten. Viele Freunde hat er da drinnen (Justizanstalt, Anm.) nicht."

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