Ein Chirurg für die Donaustadt

In den großen Bezirken jenseits der Donau droht ein Ärztemangel, warnt die Kammer.

Rudolf Hainz blickt schon etwas bang der Grippewelle entgegen. „Dann wird sich die Lage wieder zuspitzen und die Patienten müssen stundenlang in den Wartezimmern sitzen. So wie auch in der Weihnachtszeit, wenn viele Kollegen auf Urlaub sind“, sagt der Allgemeinmediziner in der Donaustadt.

Neben ihm ordinieren im 22. Bezirk noch ca. 60 weitere praktische Ärzte. Gemessen an der stark wachsenden Einwohnerzahl (derzeit liegt sie bei 162.000) sei das viel zu wenig, klagt der Mediziner. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Anteil der älteren Menschen steigt und wir immer mehr administrative Tätigkeiten machen müssen.“ Noch dramatischer sei die Situation bei den Fachärzten. „Im ganzen Bezirk gibt es nur einen Chirurgen mit Kassenvertrag.“ Ausgerechnet im stark wachsenden Transdanubien ist die Facharzt-Dichte generell deutlich geringer als in der City: Rechnet man Floridsdorf und die Donaustadt zusammen, ist dort rein rechnerisch eine Facharzt-Ordination für 2873 Bewohner zuständig. Zum Vergleich: In den Bezirken 1 bis 9 sind es lediglich 1918.

„Es ist zwar mit der Wiener Gebietskrankenkasse vereinbart, dass es in den Flächenbezirken mehr Verträge für Kassenärzte geben soll. Doch de facto kann dort aber nur eine neue Ordination aufsperren, wenn anderswo ein Arzt ein Pension geht. Denn neue zusätzliche Stellen gibt es keine mehr“, sagt Thomas Holzgruber von der Ärztekammer. Eine Regelung, die mit der Bevölkerungsentwicklung in den beiden Flächenbezirken nicht Schritt halten kann.

Unterversorgung?

Droht also Transdanubien ein medizinisches Notstandsgebiet zu werden? So dramatisch sieht Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz die Lage nicht. „Die Ärztedichte ist auch in diesen Bezirken ausreichend.“ Das Problem liege woanders: In den wenig patientenfreundlichen Öffnungszeiten (etwa am Abend), die die Kranken in die Spitalsambulanzen drängen. Weiters gebe es wie in ganz Wien einen Mangel an bestimmten Fachärzten: Allen voran Psychiater, Kinderärzte sowie Kinder- und Jugendpsychiater. Und: „Durch die Zunahme an Wahlärzten in Wien besteht generell die Gefahr einer Ausdünnung der Versorgung.“

„Natürlich versuchen wir, innerstädtische Planstellen über die Donau zu transferieren“, sagt Ursula Griesser von der WGKK. Eine Unterversorgung bestreitet aber auch sie. Gemäß dem Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) müsste man sogar noch 30 Facharzt-Stellen abbauen. Und der RSG sei von der Gesundheitsplattform beschlossen worden, in dem auch die Ärztekammer vertreten ist. „Wir wurden damals überstimmt“, kontert Arzt Hainz. „Laut RSG müssten wir bis 2015 noch 37 Allgemeinmediziner reduzieren. Das ist für uns unvorstellbar. In Wahrheit geht es einfach nur ums Einsparen.“

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