Ehemaliger Religionslehrer stieß Touristen in Donaukanal: Prozess

Ehemaliger Religionslehrer stieß Touristen in Donaukanal: Prozess
Dem 31-Jährigen wird versuchter Mord vorgeworfen. Das können die Geschworenen nicht nachvollziehen.

Einst besuchte er das Priesterseminar, wurde Religionslehrer. Doch am Donnerstag sitzt der 31-jährige Wiener wegen Mordversuchs im Landesgericht für Strafsachen in Wien. Ihm wird vorgeworfen, im vergangenen September einen Touristen attackiert und bei der Salztorbrücke in den Wiener Donaukanal gestoßen zu haben.  

Der 10. September war ein sonniger Tag. Der 31-jährige R. hatte gerade Mittagspause. Er hatte von Religionslehrer auf Kellner umgesattelt. Er holte sich Cannabis von einem Dealer am Praterstern, ging dann zurück zum Donaukanal und rauchte zwei Joints. Plötzlich ging ein Mann an ihm vorbei. Ein völlig fremder. Als R. ihn sah, stürzte er auf ihn zu, versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht und drängte ihn ins Wasser. "Ich schwamm um mein Leben. Ich glaubte, dass mich der Mann umbringen wird. So eine Angst hatte ich noch nie", erzählte das Opfer später der Polizei

Als sich der Mann über eine Leiter ins Trockene retten wollte, stellte sich R. in den Weg. Erst als eine Augenzeugin die Polizei rief, konnte der Mann aus dem 14,7 Grad kalten Wasser. 

Beim Prozess allerdings verweigerte das Opfer die Aussage. Der Mann sitzt aktuell übrigens in Strafhaft wegen eines Eigentumsdeliktes.

Zwei Finger am Oberschenkel

"Er hat mich als Drogendealer bezeichnet", begründet R. im Gericht. Nicht mit Worten. Mit Zeichen. Der Mann habe nämlich mit zwei Fingern auf seinen Oberschenkel geklopft - ein Zeichen dafür, dass man Drogen kaufen wolle. "Und dann ging er auf mich zu." R. will sich nur gewehrt haben. Bei der folgenden Rangelei habe er sich nur losgerissen - da sei der Mann ins Wasser gefallen. "Ich habe genau gewusst, was ich mache", sagt er. Und: "Ich bin normalerweise ein friedvoller Mensch."

So ganz stimmt das nicht. Es gibt eine Vorstrafe wegen Körperverletzung. Sein Ex-Freundin soll er gestalkt haben, seine Schwester würgte er. Sie hat eine einstweilige Verfügung beantragt. Genauso wie seine Mutter.

Bis 2019 fiel er nicht auf. Dann passierte etwas. Und jetzt nennt es der psychiatrische Gutachter "paranoide Schizophrenie". R. ist krank. Die Chancen, dass er wieder gewalttätig wird, sind groß. Die Staatsanwältin beantragt deshalb eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. 

Doch das sehen die Geschworenen anders: Der Antrag wird am Donnerstagnachmittag abgewiesen. Für die Geschworenen liegt bei der Attacke auf den Touristen keine sogenannte Anlasstat vor, die erforderlich gewesen wäre, um den 32-Jährigen zwangsweise in einer geschlossenen Anstalt im Rahmen des Maßnahmenvollzugs behandeln zu lassen.

Die Geschworenen verneinten sowohl die Frage nach versuchtem Mord, als auch nach absichtlicher schwerer Körperverletzung und vorsätzlicher schwerer Körperverletzung. Zum Tatzeitpunkt Zurechnungsunfähige können nur dann von einem Gericht zwangsweise eingewiesen werden, wenn die sogenannte Anlasstat mit mehr als einem Jahr Haft bedroht ist. Der Mann leidet laut einem Gutachten an paranoider Schizophrenie und war zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig.

Die Staatsanwältin hat Rechtsmittel angemeldet. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

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