Donauinselfest-Organisator Thomas Waldner bleibt dennoch gelassen: „Bis jetzt läuft es ganz gut, das Konzept hat sich eingespielt“, sagt er zum KURIER. Es sei ja nie das Ziel gewesen, so viele Besucher anzulocken, dass die Konzerte am Ende gar aus Sicherheitsgründen unterbrochen werden müssen.
Trotzdem nahmen die Veranstalter im Lauf der ersten Wochen ein paar Anpassungen vor, um die Events – im Rahmen der Sicherheitsauflagen – doch ein wenig attraktiver zu machen. „Manche Standorte haben nicht funktioniert, weil die Bus-Zufahrt oder die Besucherströme nicht passend waren“, schildert Waldner. Daher wählt man nun eher Plätze aus, wo bereits eine gewisse Passantenfrequenz vorhanden ist. Auch die Infos zu den Konzerten werden etwas detaillierter: Freitags wird bekannt gegeben, welche Künstler in der kommenden Woche auftreten und welche Plätze angefahren werden.
Für Waldner steht aber im Vordergrund, dass die für das Inselfest gebuchten Künstler auftreten können – und dafür auch ihre Gage erhalten.
In der Künstlerszene wird das Konzept unterschiedlich aufgenommen. Während die einen auf eine Teilnahme verzichteten, weil sie quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit auftreten sollten, loben andere den „mutigen Ansatz“. Zu Letzteren gehört Sänger Roman Gregory. Der Musiker, der unter anderem als Frontmann der Rockband Alkbottle bekannt wurde, betont aber auch: Diese Konzerte seien „keine g’mahte Wiesn“.
Um zufällig anwesende Passanten vom Stehenbleiben zu überzeugen, müsse man als Künstler mehr tun als bei herkömmlichen Konzerten, sagt Gregory. Das gelinge dem einen mehr und dem anderen weniger. Prinzipiell werde die Bustour durch Wien aber durchwegs positiv aufgenommen. Den Künstlern gebe sie Selbstvertrauen zurück.
In Zeiten von Corona müssten sich Veranstalter daran gewöhnen, das Publikum in Tranchen zu bedienen, meint Gregory. Die Bustour sei insofern „eine charmante Idee“. In der Krise bedürfe es Kreativität.
Zumindest ein wenig Inselflair soll beim Finale am 19. und 20. September auf der Donauinsel aufkommen – mit drei Events (Show, Schlagergarten, Kabarettbühne) für jeweils 1.250 Zuseher. Im August werden die Tickets dazu verlost. Die Events sollen einem klassischen Donauinselfest-Auftritt entsprechen, erklärt Waldner. Wer auf der Bühne stehen wird, will er noch nicht verraten.
Ein Kulturevent - zwei Meinungen
Pro: Manchmal zählt einfach die Geste
Ein Bus mit einer Bühne, davor ein paar versprengte Passanten, die einer Band zuhören, die spielt, als wäre alles wie immer. Was wie das Setting eines surrealen 80er-Musikvideos aussieht, gehört zur viel beschworenen neuen Normalität in Pandemie-Zeiten – und nennt sich Donauinselfest-Sommertour.
Nun ist es einfach, darüber zu spotten, dass die Wiener SPÖ im Wahljahr mit allen Mitteln versucht, ihr traditionelles Inselspektakel, das gerne als eine Art modernes, rotes Weltkulturerbe verkauft wird, vor der Pandemie zu retten.
Was aber hier zählt, ist weniger das Heranlocken größerer Fanströme, was ohnehin ein Agieren am Rande der Fahrlässigkeit wäre, sondern die symbolische Geste, die man mit der Bustour durch die Bezirke setzt: Wir lassen uns nicht unterkriegen. sondern finden Wege, wie Kultur trotz Pandemie möglich ist. Und: Die besonders hart gebeutelten Künstler werden nicht mit Almosen abgespeist, sondern bekommen ihren Auftritt samt Gage.
Was jetzt schon klar ist: Die Aktion sorgt für etwas Ablenkung in schwierigen Zeiten, auch wenn diese im konkreten Fall vielleicht nur darin besteht, was der Wiener am liebsten tut: Sich über neue Dinge, die in der Stadt ausprobiert werden, zu beschweren. (J.G.)
Contra: Konzerte ohne Fans ergeben wenig Sinn
Dass die SPÖ Wien Künstler unterstützen will, ist gut. Wie das alternative Donauinselfest 2020 umgesetzt wird, mutet allerdings skurril an: Konzerte absichtlich nicht anzukündigen, damit möglichst wenig Zuschauer hinfinden.
Wobei: Auf der Homepage steht neuerdings, auf welchen Plätzen man an bestimmten Terminen mit Auftritten rechnen darf. Wozu soll das gut sein, wenn es angeblich doch nur darum geht, den öffentlichen Raum zu bespielen?
Infolge des Info-Defizits spielen die Künstler jedenfalls vor einer Handvoll zufällig anwesender Passanten. Umgekehrt haben Fans keine Ahnung, wann ihr Lieblingsact auftritt. Partystimmung kommt so kaum auf.
Für manche Künstler mag es eine willkommene Herausforderung sein, ihr Zufallspublikum zu unterhalten. Als eingefleischter Konzertbesucher fühlt man sich aber gefrotzelt. Oder gelangweilt. Je nachdem.
Man ziehe die Bustour durch, weil man unter den Künstlern keine Almosen verteilen wolle, heißt es vom Veranstalter. Stellt sich bloß die Frage, ob derselbe Aufwand betrieben würde, wenn es kein Wahljahr wäre. Ein Versprechen hat die SPÖ aber gehalten: Die Geheimkonzerte werden nicht für Wahlwerbung benutzt. Vielleicht, weil sie kaum jemand hören würde. (B.I.)
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