Direkte Demokratie im Kriechgang

Steinhof, Steinhofgründe, Bauarbeiten, Vassilakou, Demonstranten, Begehung
Der zuständige Ausschuss hat erst einmal getagt. Bürgerinitiativen werden ungeduldig.

Zunächst ging alles noch recht flott: Binnen kurzer Zeit sammelte die Bürgerinitiative Kaisermühlen im Frühjahr mehr als 1000 Unterschriften für eine Petition gegen den Bau des 150 Meter hohen Wohnturms „Danube Flats“ an der Reichsbrücke.

Im Juni brachten die Aktivisten ihre Petition im Rathaus ein. Doch seither, ärgern sie sich, passierte nichts. „Unser Anliegen liegt immer noch auf Eis“, sagt Walter Polster von der Bürgerinitiative. „Inzwischen sind die Vorbereitungen für die Danube Flats aber weitergegangen.“

Rückblende: Von einem „gewaltigen Schritt für die Bürger“, sprach der Vorsitzende Harald Troch (SPÖ), als im Jänner der Petitionsausschuss ins Leben gerufen wurde. Das 15-köpfige Gremium aus Gemeinderäten muss sich mit Anliegen befassen, für die mindestens 500 Unterschriften gesammelt wurden. Der Ausschuss kann Stellungnahmen von zuständigen Stadträten oder Bezirksvorstehern einholen bzw. das Anliegen an Behörden weiterleiten. Jedes Jahr berichtet der Ausschuss dem Gemeinderat.

Vom Kampf gegen die Verbauung der Steinhofgründe bis hin zur Forderung nach WLAN im öffentlichen Raum – bis dato haben bereits 16 Petitionen die 500-Stimmen-Marke überschritten. Und das zum Teil mehr als deutlich (siehe rechts). Zwölf weiteren Petitionen fehlt noch die ausreichende Zahl an Unterschriften.

Rückstau

Doch bei der bisher einzigen echten Arbeitssitzung am 23. Mai wurden gerade einmal zehn Petitionen behandelt. „Und das auch nur in formaler Hinsicht“, ärgert sich Alfred Wansch, der für die FPÖ im Ausschuss sitzt.

Jetzt wurde bekannt, dass die nächste Sitzung erst Mitte Oktober stattfinden soll. „Eine Verhöhnung der Antragsteller, die sich die Mühe beim Sammeln der Unterschriften gemacht haben“, sagt der blaue Gemeinderat. Durch diese Verzögerungstaktik könne es leicht passieren, dass die Bürger – etwa bei Bauprojekten – längst vor vollendeten Tatsachen stehen, noch ehe sich der Ausschuss überhaupt um ihr Anliegen kümmern konnte.

Die FPÖ hat deshalb einen Antrag auf eine Sondersitzung des Ausschusses eingebracht. Um aufs Tempo zu drücken, fordern die Freiheitlichen, dass künftig vor jeder Gemeinderatssitzung der Ausschuss tagt und anschließend den Gemeinderäten einen Bericht abliefert.

Aktuell ist vereinbart, dass das Gremium mindestens vierteljährlich einberufen wird. „Die Abstände zwischen den Sitzungen sind lang“, räumt die stv. Vorsitzende Jennifer Kickert (Grüne) ein. Dies habe damit zu tun, dass man für die einzelnen Petitionen Stellungnahmen von verschiedensten Stellen einholen muss. Dafür wurde eine Frist von zwei Monaten einberaumt.

Für allfällige Änderungen des Rhythmus der Sitzungen und eine Anpassung an die Fristen für die Stellungnahmen zeigt sich Kickert aber gesprächsbereit. „Der Petitionsausschuss ist ja für uns alle noch Neuland.“

Dass zwischen erster und zweiter Sitzung eine so große Lücke entstand, begründet man im SPÖ-Klub mit der Sommerpause. „Es ist aber nicht vom Zeitpunkt der Tagung abhängig, ob eine Petition wahrgenommen wird“, betont eine Sprecherin. „Die zuständigen Stellen werden unabhängig davon informiert.“

Walter Polster aus Kaisermühlen bleibt jedenfalls skeptisch: „Ich fürchte, der Petitionsausschuss ist nicht mehr als eine weitere Ablage für Bürgeranliegen.“

Eine der ersten Petitionen ist gleichzeitig jene mit der breitesten Unterstützung: Das Otto-Wagner-Spital soll als UNESCO-Welterbestätte nominiert werden, lautet die Forderung, die bereits Ende März im Rathaus deponiert wurde. Nicht weniger als 4800 Wiener unterstützten diese Petition mit ihrer Unterschrift. Seit Jahren wehren sich Bürgerinitiativen gegen den Verbau des dortigen Areals.

Auf Rang zwei ein nicht weniger brisantes Thema: Über die Neugestaltung der Mariahilfer Straße soll die gesamte Bevölkerung des 6. und 7. Wiener Bezirks befragt werden. Dafür unterschrieben mehr als 3300 Personen. Diese Petition sorgte auch deshalb für Diskussionen, weil sie nicht von Bürgern, sondern von der ÖVP initiiert wurde. Gegen eine vierspurige Stadtstraße in Hirschstätten richtet sich eine Petition, die aktuell auf Platz drei rangiert. Anrainer wehren sich damit gegen den zu erwartbaren Durchzugsverkehr und sammelten 1952 Unterschriften.

Kommentare