Neues Forum für Bürgerinitiativen

Otto-Wagner-Spital Jugendstil Steinhof erhalten Hadinger Bürgerinitiative Petition
Ab 500 Unterschriften wird ein Wiener Gemeinderatsausschuss aktiv. Die Stadt-VP will partizipieren.

Gerhard Hadinger ist „vorsichtig optimistisch“. Der Sprecher der Bürgerinitiative „Steinhof erhalten“ sammelt zurzeit Unterschriften, um per Petition die Nominierung des Otto-Wagner-Spitals samt Jugendstil-Kirche als UNESCO-Welterbestätte zu erwirken: Gestern Mittag hatte man bereits mehr als die 500 Unterschriften, die nötig sind, damit sich der neue Petitionsausschuss im Gemeinderat mit der Thematik befasst. Hadinger erhofft sich neuen Schwung in der Sache – „oder zumindest, dass der Gemeinderat klar Stellung nimmt, warum er die Nominierung ablehnt.“

Nach dem Motto „Wir greifen nach jedem Strohhalm, wir lassen nichts unversucht“, sammelt auch die Bürgerinitiative „Hirschstetten retten“ Unterschriften. Mittels Petition möchte man eine vierspurige Stadtstraße durch dicht verbautes Gebiet verhindern. Sprecher Werner Schandl fragt sich allerdings, „wie mit der Petition umgegangen wird; ob sie wieder in die Schublade wandert.“

Etliche weitere Petitionen sind in Vorbereitung.

Rot-grüne Euphorie

Die Regierungskoalition beurteilt den am Mittwoch konstituierten neuen Petitionsausschuss jedenfalls euphorisch: Bürger mit Hauptwohnsitz in Wien könnten damit direkt in den politischen Meinungsbildungsprozess eingreifen, erklären dessen Vorsitzender, Harald Troch (SP), und seine grüne Stellvertreterin, Jennifer Kickert.

So manch kritischer Beobachter erwartet allerdings wenig von einem Petitionsausschuss, in dem mit denselben Kräfteverhältnissen wie im Gemeinderat entschieden wird (15 Mitglieder, davon acht SP, vier FP, zwei VP und eine Grüne). Troch versucht den Einwand so zu entkräften: „Es geht ja nicht nur um endgültige Entscheidungen, sondern um Bürgerbeteiligung als Prozess – der Weg ist das Ziel. Wir wollen Bürgern eine Bühne, ein Forum verschaffen.“

Schwarz-blaue Kritik

VP und FP übten im Vorfeld der Ausschuss-Konstituierung massive Kritik an einem Beschlussantrag der Regierungsparteien. Darin hatte es geheißen, „eine Petition, die bereits Gegenstand eines rechtlichen oder behördlichen Verfahrens ist“, werde (...) „an die entsprechende verfahrensführende Stelle weitergeleitet, die die Petition in der Gesamtbeurteilung mitwürdigt“.

Das klang für VP-Stadtrat Manfred Juraczka „absurd“. „Da können wir uns den Petitionsausschuss gleich schenken“, fand er.

Rot und Grün stellten daraufhin klar: Das finde „im Sinne der Transparenz“ zusätzlich zum Petitionsausschuss statt. Im Gemeinderat wurde über den Beschlussantrag dann auch nicht abgestimmt – an dem Passus werde noch gefeilt.

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus störte vor allem, dass mehrere Petitionen zum selben Thema bloß ein Mal vom Ausschuss behandelt werden sollen.

Dazu heißt es bei der SPÖ, durch wiederholtes Einbringen gleich lautender Petitionen werde lediglich die Verwaltung dauerhaft gelähmt. „Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, macht eine Neu-Petition wieder Sinn.“

ÖVP-Kuriosum

Kritik muss sich aber auch die VP gefallen lassen – die gestern 4056 Unterschriften präsentierte und selbst per Petition erreichen möchte, dass in puncto Neugestaltung der Mariahilfer Straße die gesamte Bevölkerung des 6. und 7. Bezirks befragt wird.

„Wenn sich eine Partei dieses Instruments bedient, ist das ein klarer Missbrauch“, urteilt Verfassungsjurist Heinz Mayer. „Im Gemeinderat hätte die VP genug Möglichkeiten, ihre Anliegen zu vertreten.“ Das Petitionsrecht sei dennoch ein „erster Schritt in die richtige Richtung“.

Berechtigt, eine Petition einzubringen oder zu unterstützen, sind alle hauptgemeldeten Wiener ab 16 Jahren – unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft. Sofern sich das Thema im Einflussbereich von Landtag oder Gemeinderat befindet, sind mindestens 500 Unterschriften nötig, damit sich der Petitionsausschuss (in dem Vertreter aller Fraktionen sitzen) mit dem Anliegen befasst. Auf www.petitionen.wien.gv.at können Petitionen mittels Bürgercard online eingebracht werden.

Aufgabe

Der neue Gemeinderatsausschuss, der in die Zuständigkeit von Stadträtin Sandra Frauenberger fällt, soll sämtliche relevanten Stellen sowie die betroffenen Bürger anhören und die weitere Vorgehensweise empfehlen. Er kann von weiteren Verhandlungen aber auch absehen – oder die Petition an die Volksanwaltschaft oder einen anderen Gemeinderatsausschuss weiterleiten. Nach ihrer Behandlung im Ausschuss muss jede Petition vom zuständigen Stadtregierungsmitglied schriftlich beantwortet werden. Nähere Informationen unter:

www.wien.gv.at

Eine Petition planen auch jene Bürger, die gegen das Hochhausprojekt „Danube Flats“ in Kaisermühlen kämpfen. Wie berichtet, wehren sich vor allem die Bewohner des Seidler-Towers gegen den 150 Meter hohen Wohnturm, der direkt vor ihrer Nase auf dem Cineplexx-Areal errichtet werden soll. Die Anrainer befürchten eine zusätzliche Lärm- und Verkehrsbelastung. Außerdem würdeder Bau den Blick über die Donau verstellen.

Die Bauherren Soravia und S+B gehen jetzt in die Gegenoffensive. Mit drei Info-Abenden will man die Gegner bis Freitag von den Vorteilen des Projekts überzeugen. So würden etwa Gutachten belegen, dass der Bau die Lärmbelastung sogar verringere. Außerdem gebe es laut Bauherren bereits mehr als 1000 Interessenten für die neuen Wohnungen.

Wolfgang Nölscher von der Bürgerinitiative bleibt skeptisch: „Man tut so, als ob die Kaisermühlner hinter dem Projekt stehen. Wir haben aber 1600 Unterschriften dagegen gesammelt.“

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