Vor genau 100 Jahren erfolgte der Spatenstich für das Haus in der Pfeilgasse 4-6. „Das Pfeilheim ist so etwas wie die Mutter der Studentenheime“, sagt Bernhard Tschrepitsch.
Er ist Generalsekretär der Akademikerhilfe, einem gemeinnützigen Verein, der das Pfeilheim und 20 weitere Heime in Wien betreibt. Insgesamt beherbergt er in dieser Stadt 2.300 Studierende, rund 1.000 davon alleine in der Pfeilgasse.
In der Krise entstanden
Das dortige Heim war einst die erste große Studierendenbleibe Wiens, sagt Tschrepitsch. Der Vorläufer waren kirchliche Herbergen: Bevor die Akademikerhilfe eigene Häuser hatte, war sie bei Organisationen wie dem Piaristenkloster eingemietet und stellte dort Wohnraum für Studierende bereit.
Doch nicht nur das: Es gab auch andere Unterstützung wie Kleidung und Essen.
Nach dem Ersten Weltkrieg entschloss man sich, in der Pfeilgasse 4-6 Wohnraum für junge Menschen zu errichten. „Das war mutig“, sagt Tschreptisch. „Es war ja Wirtschaftskrise, niemand hatte Geld.“
Entworfen wurde das Heim von Architekten-Größe Clemens Holzmeister, die Eröffnung war 1931.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Pfeilheim von den Nazis als Lazarett zweckentfremdet. Den Krieg überstand es unbeschadet. In den 1960ern legte die Akademikerhilfe den Grundstein für den heutigen Ruf des Heims: Sie bebaute die Grundstücke Pfeilgasse 1 und 3a.
Ungewohnter Luxus
In der Studentenszene berühmt wurde allen voran Haus 3a – aus zwei Gründen. Der erste: Das Haus wurde anfangs im Sommer als Hotel genutzt und war deshalb gut ausgestattet. Als anderswo 4-Bettzimmer und Gangduschen üblich waren, lebte man dort im Einzelzimmer mit Privatbad.
Mittlerweile sei das Standard, sagt Tschreptisch. Das habe mit den geänderten Familienstrukturen zu tun. Als kinderreiche Familien noch verbreitet waren, galt es als Luxus, im Studentenheim nur mit einer Person ein Zimmer teilen zu müssen. Heute seien die Studierenden eigene Zimmer von daheim gewöhnt.
Beliebt waren die Zimmer im Haus 3a übrigens auch deshalb, weil sie Badewannen hatten: Angenehm zum Baden, praktisch zum Bierkühlen.
Berüchtigter Partykeller
Getrunken wurde dieses im Partykeller, der zweiten Quelle der Pfeilheim-Popularität. Er ist als „Pfeilheim-Club“ oder „Bergwerk“ bekannt und der Garant dafür, dass so manche frühere Gäste bei Erwähnung des Wortes „Pfeilheim“ noch heute grinsen müssen.
Bekannt ist das Pfeilheim auch noch für ein anderes Trink-Format: den Stiegenlauf. Dabei liefern sich die Teilnehmer einen Wettlauf durchs Stiegenhaus, wobei in jeder der zwölf Etagen ein Bier getrunken werden muss.
Für den Stiegenlauf 2013 sind 600 Gäste dokumentiert. Diese Zahl ist deshalb so genau bekannt, weil die Feiernden den Lauf wegen eines Feueralarms auf die Straße verlegten und die Polizei kommen musste.
Ehemaliger Pfeilheimer
Die Grundidee für den Lauf wird niemand geringerem als dem aktuellen Josefstädter Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) zugerechnet. Dieser wohnte in den 80ern im Pfeilheim und lieferte sich damals mit einem Bekannten einen Wettlauf durch das Stiegenhaus.
„Wir haben das zwar ohne Bier gemacht, aber ich musste mich danach trotzdem hinlegen, weil ich fast einen Kreislaufkollaps hatte“, sagt Fabisch. (Er hat die Wette übrigens gewonnen.)
Bis die Neuankömmlinge ihren ersten Stiegenlauf erleben, wird es noch etwas dauern. Wegen Corona sind derzeit keine Zusammenkünfte möglich, das Haus 3a wird gerade umgebaut.
Das sei aber nicht so schlimm, sagt einer der neuen Bewohner. Das Heim sei ja zentral gelegen, so sei es nicht weit in Lokale.
Emilia macht unterdessen vor dem Heim mit Mama Monika ein Foto. Damit man etwas herzeigen kann, wenn einmal die vierte Sturmer-Generation ins Pfeilheim zieht.
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