Die lange Irrfahrt zum Lobautunnel

Die lange Irrfahrt zum Lobautunnel
Studie zu Alternativen lässt ebenso auf sich warten, wie Bestätigung der Umweltverträglichkeit.

Vom Lobautunnel erzählen zwei unendliche Geschichten: Zum einen kündigt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) seit Langem eine Studie zu Tunnel-Alternativen an. Und zum anderen zieht sich die Prüfung der Umweltverträglichkeit des Großprojekts in die Länge. Zum Start der nächsten Verhandlungsrunde vor dem Bundesverwaltungsgericht (siehe Zusatzartikel) beantwortet der KURIER die wichtigsten Fragen zum Lobautunnel.

Seit wann tobt der rot-grüne Streit über das Projekt?

Die lange Irrfahrt zum Lobautunnel

Geplanter Verlauf des Lobautunnels.

Seit sich der Lückenschluss der S1 samt Tunnel, den die Asfinag zwischen Schwechat und Süßenbrunn plant, abzeichnet. 2005 paktierten SP-Bürgermeister Michael Häupl und der damalige Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ) die unterirdische Verbindung. Die Wiener Grünen kritisierten die Entscheidung aus ökologischen Gründen wiederholt.

Als SPÖ und Grüne 2010 in Wien erstmals eine Koalition schmiedeten, klammerten sie das Thema aus dem Regierungsprogramm aus. Kurz nach der Besiegelung der Zusammenarbeit forderte Vassilakou allerdings eine Volksbefragung zum Tunnelbau.

Im Zuge der Neuauflage der rot-grünen Koalition bekannten sich die Regierungspartner 2015 zu einer sechsten Donauquerung – aber mit dem Zusatz, "alternative Planungsvarianten" überprüfen zu lassen. Vassilakou bejubelte vor der grünen Basis das Tunnel-Aus, Häupl beharrte weiter auf den Röhren.

Wann wird die Prüfung präsentiert?

Laut jüngster Ansage Vassilakous im Frühjahr 2018. Derartige Ankündigungen sind nicht neu: Ursprünglich hatte Vassilakou die Expertise für Herbst 2016 versprochen. Im Februar des folgenden Jahres sagte sie: "Wir erwarten die Ergebnisse der Experten sehr zeitnah." Und wieder einen Monat später hieß es, das Ergebnis lasse "nicht mehr lange auf sich warten".

Was arbeiten die Experten aus?

Während im Koalitionsübereinkommen "alternative Planungsvarianten" fixiert wurden, betonte Vassilakou im vergangenen März, dass die Prüfung in eine andere Richtung gehe. Es gehe vielmehr darum, valide Zahlen als Gesprächsbasis zu erhalten, erklärte sie im Gemeinderat. Internationale Experten würden prüfen, was es aus verkehrsorganisatorischer Sicht bedeute, wenn der Tunnel gebaut werde, und was es bedeute, wenn er nicht komme.

Das Vassilakou-Büro will den Studien-Inhalt vorerst nicht näher präzisieren und spricht von "Modellrechnungen" unter anderem zu Verkehrsauswirkung, -entwicklung und Ausgleichsmaßnahmen.

Wer sind die Studienautoren?

Rund zehn Fachleute aus den Gebieten Raum- und Verkehrsplanung – vorwiegend von Beratungsinstituten und technischen Universitäten in Zürich, Berlin, Dresden sowie Wien. Mit dabei sind auch Forscher von der TU Wien, zum Beispiel Verkehrswissenschaftler Hermann Knoflacher.

Was hat der Wiener Gemeinderat zu sagen?

Nichts – wie auch Vassilakou laufend betont. "Die Entscheidung, ob der Lobautunnel gebaut werden darf oder nicht, trifft das Bundesverwaltungsgericht und nicht der Wiener Gemeinderat", sagt sie. "Meine Meinung dazu ist unverändert: Ein Autobahntunnel durch einen Nationalpark, der täglich Zehntausende zusätzliche Autos nach Wien schaufelt, ist Verkehrspolitik aus dem vorigen Jahrhundert."

Obwohl das Verkehrsministerium den Lobautunnel bereits im März 2015 bewilligte, steht noch immer nicht fest, ob er umweltverträglich ist oder nicht. Wie berichtet, erhoben Bürgerinitiativen, der Siedlerverein Essling sowie die Stadtgemeinde Groß-Enzersdorf diverse Einsprüche gegen das Projekt. Sie zogen etwa die Verkehrsprognosen der Asfinag in Zweifel, befürchteten negative Auswirkungen auf das Grundwasser oder stellten die Tunnelsicherheit im Fall von Bränden und Erdbeben infrage.

Heute, Montag, beginnt vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die letzte Verhandlungsrunde: Bis Dienstagabend werden die Themengebiete Lärm und Humanmedizin behandelt. Beendet ist das Beschwerdeverfahren aber auch dann noch nicht. Auf einen rechtskräftigen UVP-Bescheid muss die Asfinag noch warten.

Zum einen benötigen die Beschwerdeführer "noch einige Wochen" für die Begutachtung der Verkehrsprognosen, die ihnen im November vom Gericht zugestanden worden waren, so Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS. Zum anderen ist es denkbar, dass die Richter dem Bauwerber auch punkto Lärm und Humanmedizin Verbesserungsaufträge erteilen.

Danach wird entweder ein UVP-Bescheid für das mittlerweile abgeänderte Projekt erteilt – oder die Bewilligung der ersten Instanz aufgehoben. Bei der Asfinag ging man zuletzt von der Bestätigung der Umweltverträglichkeit im Frühjahr, einem Baubeginn des Tunnels 2019 und einer Verkehrsfreigabe im Jahr 2025 aus.

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