Das Anti-Amazon vom Schwendermarkt
Am Anfang stand die Not. Als vor dem ersten Lockdown niemand wusste, wie es genau weitergehen wird, beschlossen Stefan Rom, Nina Strasser und Benedikt Strasser vom „Landkind“ am Schwendermarkt, ihren bis dahin brachliegenden Onlineshop mit Leben zu erfüllen.
Sie statteten Ninas Rad mit einem zusätzlichen Gepäckträger aus und begannen, ihre Produkte – vorwiegend regionale Lebensmittel und vegetarische Küche – zu den Kundinnen und Kunden zu kutschieren.
Starke Nachfrage
Das Angebot kam an. Und weil die Unternehmerinnen und Unternehmer im „Dorf“ (O-Ton Rom) untereinander gut verdrahtet sind, boten die Landkinder den anderen an, ihre Produkte mit auszuliefern. Heute sind 16 Shops und Gastronomiebetriebe auf der mittlerweile gemmazone.at getauften Plattform vertreten.
Mit einer Bestellung können sich die Kundinnen und Kunden Bücher, Blumen, Kleidung, handgemachte Seifen und Mittagessen per Lastenrad in den 15. sowie angrenzende Teile des 12. und des 14. Bezirks liefern lassen. Jeden Freitag werden auch der 6., 7. und 8. Bezirk angefahren.
Nische gefunden
Der Schlüssel zum Erfolg liegt einerseits im funktionierenden Grätzel-Netzwerk und andererseits in der Wahl der Nische. „Unsere Differenzierung ist, dass die Produkte regional sind und dass du Dinge findest, die du sonst nicht so breit im Angebot hättest“, sagt Rom. Die Wertschätzung von Handarbeit und Nachhaltigkeit sei es, die Unternehmerinnen und Kunden verbinde. Den Preiskampf könne man gegen die Großen ohnehin nicht gewinnen.
Muss man auch nicht, wie sich zeigt: Seit vergangenem Herbst ist Vincenz Peters mit an Bord und kümmert sich hauptsächlich um die Gemmazone. Anders war die Arbeit für die drei Landkind-Gründer nicht mehr zu bewältigen, ohne die Qualität leiden zu lassen. Als Nächstes ist eine Ausweitung der Lieferfenster angedacht. Über kurz oder lang wird die Gemmazone aber an den Plafond stoßen. „Die Struktur des Ganzen ist das Gute, aber sicher auch die Grenze“, sagt Peters. Das Liefergebiet kann kaum mehr erweitert werden, soll das Essen weiterhin heiß ankommen.
Agenturmodell
Rom denkt aber ohnehin schon viel weiter. Ihm schwebt eine Art Franchisemodell vor: „Wir wollen eine Struktur schaffen und weitergeben, aus der heraus sich die Leute ihre eigenen Gemmazonen basteln können.“
Im Hintergrund soll eine Art Agentur stehen, die sich um Webshop, Werbung und Logistik kümmert. Diese könnte die monatlichen Grundkosten für diese drei Komponenten festlegen und sich abgelten lassen. „Die Vision wäre eine Gemmazone in Wien-West, eine in Wien-Ost, eine in Graz und so weiter. Dann könntest du mit jeder Gemmazone, die dazukommt, auch die Reichweite der anderen erhöhen.“
Und dann müsste das Landkind die Plattform auch nicht mehr querfinanzieren. Derzeit verbleiben 15 Prozent des Bruttoverkaufswerts der anderen Unternehmen bei den Landkindern. Kostendeckend sei das nicht. Aber um die dicke Kohle gehe es ihnen ohnehin nicht, sagt Rom.
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