Die Wärmewende, also die Dekarbonisierung der Heizungssysteme, ist in Wien nach der Verkehrswende der größte Hebel in Richtung Klimaneutralität 2040. Sind doch aktuell rund 600.000 Gasthermen für knapp 30 Prozent der Wiener CO2-Emissionen verantwortlich.
Das muss sich ändern, weiß auch Rot-Pink: „Bis 2040 werden alle Gebäude in Wien klimaneutral mit erneuerbarer Energie geheizt und – wo notwendig – auch gekühlt“, kündigte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) darum bei der Regierungsklausur im Jänner an.
Alternativen aufzeigen
Wo möglich und sinnvoll, sollen Gebäude an die Fernwärme angeschlossen werden. In weniger dicht bebauten Gebieten braucht es hingegen alternative Lösungen. Um diese aufzuzeigen und für die Menschen angreifbarer zu machen, sollen nach und nach 100 Beispielprojekte gesammelt werden, von der Sanierung im Denkmalschutz bis zur Geothermie im Innenhof.
Dass „Raus aus Gas“ ernst gemeint ist, versuchte das Rathaus am Mittwoch zu unterstreichen und entsandte gleich drei SPÖ-Stadträte – Jürgen Czernohorszky (Klima), Kathrin Gaál (Wohnen) und Peter Hanke (Finanzen) – zur Besichtigung eines dieser Projekte nach Ottakring. Hier wurden die 17 Wohnungen eines Genossenschaftsbaus in der Huttengasse nach einer thermischen Sanierung auf ein Wärmepumpensystem umgestellt.
Zwei Luftwärmepumpen auf dem Dach des Gebäudes versorgen seitdem in Kombination mit zwei Pufferspeichern im Keller die Bewohnerinnen und Bewohner mit Wärme und Warmwasser.
Wärmer als zuvor
Und die sind durchaus zufrieden. „Viel effektiver“ als die vorige Gastherme sei die Wärmepumpe, berichten etwa Anneliese und Franz Oppenauer, die seit 35 Jahren in dem Haus leben. Etwa um ein Drittel mehr Wärme liefere das neue System, ihre 78-Quadratmeter-Wohnung beheizen sie mit gerade einmal einem aufgedrehten Heizkörper – „auf Stufe 3“, wie sie betonen.
Auch der Umstieg habe bis auf etwas Dreck zu keinen Einschränkungen geführt, erzählen sie, „wir sind keinen Tag ohne Heizung gewesen“.
Anlage in drei Tagen ersetzt
In gerade einmal drei Tagen wurden die Rohre durchs gesamte Haus gezogen und die Gasthermen gegen die neuen Wohnungsstationen an selber Stelle ausgetauscht. Für Czernohorszky ein wichtiger Faktor – und ein wichtiges Projekt, denn es zeige: „Es geht technisch schon, für mein Haus gibt es eine Lösung.“
Gekostet hat das neue System rund 400.000 Euro, erzählt der Obmann der Genossenschaft Wien-Nordwest, Franz Buchgraber. 85.000 Euro davon flossen als Förderung des Wohnfonds Wien.
30 Milliarden veranschlagt
Ein Bruchteil dessen, was die Stadt insgesamt für die Wärmewende aufwenden muss. Auf 30 Milliarden Euro schätzt Hanke den Investitionsbedarf für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands – ohne den Gasausstieg in der Fernwärme. Etwa die Hälfte davon ist für Sanierungen vorgesehen, rund neun Milliarden Euro für den eigentlichen Tausch von Heizungssystemen.
Gleichzeitig nimmt Czernohorszky erneut die Bundesregierung in die Pflicht: Es brauche endlich das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG), anders könne man Hauseigentümer nicht zur Schaffung zentraler Heizungssysteme verpflichten.
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