Debatte um Abriss von Hitler-Geburtshaus: "Nazis werden trotzdem hierher kommen"
Für viel Wirbel hat Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Montag mit seinen Aussage in der Presse gesorgt. "Das Hitler-Haus wird abgerissen", wurde Sobotka zitiert. Der Minister stützte sich auf den Abschlussbericht der Historikerkommission. Diese war eingerichtet worden, um über die Zukunft des Gebäudes zu beraten.
Nur: Bei einigen Mitgliedern des Gremiums sorgt die Interpretation des Ministers für Entrüstung. Sie wollen von Abriss und Neubau des Geburtshauses nichts wissen. "Die Option Abriss wurde in dem ursprünglichen Auftrag an die Kommission ausdrücklich erwähnt und von uns nicht befürwortet", heißt es dazu in einer gemeinsamen Stellungnahme des Historikers Oliver Rathkolb und des Rechtsprofessors Clemens Jabloner.
"Es gab nicht nur diesen schriftlichen Bericht, sondern auch eine Besprechung mit dem Minister", sagt Rathkolb zum KURIER. Ein Missverständnis sei daher unmöglich. "Er interpretiert den Bericht in einer Weise, die ausgeschlossen ist." Mit der von Sobotka aus dem Bericht zitierten "tief greifenden architektonischen Umgestaltung" sei nur eine "Fassadenveränderung zur Dekonstruktion der historischen Wiedererkennung" gemeint: "Aber sicher kein Abriss." Rathkolb überrascht Sobotkas Äußerung auch insofern, als in der dreizehnköpfigen Kommission Einigkeit über den Erhalt des Gebäudes geherrscht habe – Mitglieder des Gremiums waren übrigens auch fünf Beamte des Innenministeriums.
Verwunderung auch im Ministerium
Dort zeigt man sich umgekehrt ebenfalls "verwundert" über das Dementi der Historikerkommission. Laut Sprecher Karl-Heinz Grundböck werde jedenfalls künftig "ein anderes Haus" dort sein als jenes, das heute in Braunau stehe. Der Minister relativierte am Dienstag seinen Ausspruch vom Vortag. Das Haus dürfe "vor allem in der Außenform nicht erkennbar sein", betonte Sobotka. Ob das einem Abriss gleichkomme, darüber "kann man diskutieren".
Erinnerungsfoto
Ein US-amerikanischer Jugendlicher fotografiert inzwischen das Gebäude. "Ich hab’ gehört, es wird abgerissen und will meinen Freunden noch ein Bild schicken", sagt er. Sein Vater findet es schade, dass in Bezug auf Hitler in Braunau kein anständiges Mahnmal existiert. Das Gebäude wegzuradieren sei auch nicht gut.
Bürgermeister Hannes Waidbacher (ÖVP) will Sobotkas Abriss-Pläne nicht kommentieren: "Die Erfahrungen der vergangenen fünf Jahre haben gezeigt, dass es immer anders gekommen ist, als ursprünglich angedacht."
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