Ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Und durchaus verbunden mit hohem Risiko für den Ruf des international tätigen Baumexperten. „Da hätten schon einige gewartet drauf, dass ich den Baum verpfusche“, berichtet Saller beim KURIER-Lokalaugenschein am Schmerlingplatz, der neuen Heimat der Platane.
Nun melden sich die Experten
Umso mehr freut ihn, wenn sich jetzt statt Neider Experten melden: „Erst vor ein paar Tagen hat mich Forstdirektor Andreas Januskovecz angerufen und gemeint, er hätte nie gedacht, dass der Baum so schön wird.“
Auch wenn einst von einer PR-Show um einen einzigen Baum die Rede war, für Saller ging es um mehr als dieses Kunststück: „Die Message war, dass man in Wien auch alte Bäume versetzen kann und es keinen Grund gibt, sie umzuschneiden. Daher haben wir jetzt eigentlich einen Meilenstein hergesetzt.“
Die Kosten der Aktion
Der Stadt sind bei der ganzen Aktion bisher kaum Kosten entstanden: Der Transport (rund 50.000 Euro) wurde von den Wiener Linien via U-Bahn-Budget gedeckt; die Baumversetzung samt Pflege ging allein auf das Konto Sallers, der freilich durch die breite Berichterstattung einen enormen Werbewert lukrierte.
Interessant ist nun aber die vorläufige Abrechnung: Saller spricht von bisherigen Kosten in Höhe von rund 400.000 Euro – das mag zwar viel klingen, relativiere sich aber. Denn ein so großer, alter Baum entspreche von der Wirkung für das Stadtklima her 1.500 Jungbäumen – die in Summe auf 700.000 Euro kämen.
"Brauchen den Baum in der Innenstadt"
Freilich nur in der Theorie: „Denn so viele Bäume kann ich in der Innenstadt gar nicht pflanzen. Aber ich brauche den Baum hier und nicht auf der Donauinsel oder am Stadtrand“, erklärt Saller. Die Bedeutung so großer Bäume als CO2-Fresser und Bio-Klimaanlagen in hitzegeplagten Städten stehe außer Zweifel: „Der senkt die Umgebungstemperatur um vier bis fünf Grad und bindet drei bis fünf Tonnen Staub pro Jahr“, sagt Saller. Daher müsse bei allen Großprojekten das Ziel sein, solche grünen Riesen rechtzeitig in die Planungen miteinzubeziehen, sie weg- und anschließend wieder an ihren ursprünglichen Standort hinzupflanzen.
Bereits der vierte Sommer am Schmerlingplatz
Am Schmerlingplatz wurde heuer, im vierten Sommer, die zusätzliche Bewässerung gegen null reduziert, „damit wir sehen, wie er sich verhält“, so Saller. Anfangs wurden Nährstoffe aus Algenpräparaten zugefügt, um fehlende Wurzelmasse wieder herzustellen – und vor allem viel Wasser: an heißen Tagen bis zu 10.000 Liter.
Die vielen grünen Triebe, die ausgebildeten Früchte, die sich schälende Rinde sind jetzt ein deutliches Zeichen für Wachstum und Vitalität. „Wenn ich das sehe, habe ich eine Riesenfreude“, sagt der Baumchirurg. Jetzt gelte es, im Herbst erstmals auch die Baumkrone kosmetisch zu stutzen, die als Sturmsicherung dauerhaft notwendigen Seile nachzuziehen und das Umfeld entsprechend herzurichten. Denn derzeit ist der Baum durch einen unschönen Bauzaun gesichert.
Noch möchte sich Saller selbst um den Baum kümmern
Allerdings möchte Saller „seine“ Platane noch nicht in die Obhut des Stadtgartenamts übergeben: „Es arbeiten dort tolle Baumexperten, aber noch ist das Vertrauen nicht ganz da. Und falls etwas mit dem Baum ist, können wir einfach schneller reagieren“, erklärt er. In den nächsten Tagen gibt es dazu ein Gespräch mit Öffi-Stadtrat Peter Hanke, der die Umpflanzaktion einst eingefädelt hatte (während die MA 42 zu den Skeptikern zählte).
Saller hofft, dass am Ende der Wert des Projekts anerkannt und auch der Baum entsprechend gewürdigt wird. Vielleicht als Naturdenkmal mit Plakette? „Ja, das wäre schön.“ Ein Denkmal nämlich, das in die Zukunft weist.
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