Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark

Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark
Am Donnerstag wurde ein sechs Tonnen schweres Pflanzen-Urinal in den 6. Bezirk geliefert. Das neue Klo ist einzigartig und zum Patent angemeldet worden.

In den frühen Morgenstunden mussten am Donnerstag bereits Autos bei der Einfahrt zum Haus des Meeres Platz machen. Andere sollten abgeschleppt werden, denn die Ankunft des fertig gestellten, in Wien geplanten und im Wienerwald gebauten Pflanzen-Urinal, wurde erwartet.

Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark

Ein großer Kran hatte die Aufgabe das sechs Tonnen schwere Urinal und Wiener Forschungsprojekt LooPi zwischen den Bäumen auf sicheren Boden zu bringen. "Das ist aber ein liebes Häusl", sagt eine Frau im vorbeigehen.

Theresa Heitzlhofer schmunzelt. "Es gibt auf der Welt so einiges: Trockenklos, Urinale für Frauen, Humustoiletten oder Streutoiletten - aber so ein Pflanzen-Urinal ist neu", sagt sie stolz. 

Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark

Die studierte Biologin (Schwerpunkt Ökologie und Humanökologie) ist die Projektleiterin des Urinals. Soeben wurde das Ding aus Metall und Pflanzen auch beim Patentamt in Österreich angemeldet. Es ist ein naturbasiertes Kreislaufsystem.

Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark

Das Wasser in der Unisextoilette wird durch die Pflanzen gereinigt und die Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff werden dem Urin entzogen. Danach wird das Wasser zum Spülen wiederverwendet. Außerdem durchfließt das Abwasser eine Box, in welcher sich Biokohle (Pflanzenkohle) befindet.

Dort werden alle überschüssigen Nährstoffe aufgenommen, die die Pflanzen nicht abgebaut haben. Und dann gibt es noch einen Sensor, der entscheidet, ob die Wasserqualität gut genug ist, um weiter zu fließen. Alle drei Minuten soll das Wasser eine Minute lang spülen. Damit das Wasser immer in Bewegung bleibt, heißt es. Das Projekt wir zum Teil auch von dem Klimaschutzministerium gefördert. 

Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark

Das Design stammt von der Wiener Firma EOOS Design. Er wird aktuell vom Unternehmen Nofrontiere gebaut. Neben alchemia-nova ist auch die Universität für Bodenkultur Wien an der Konzeption und wissenschaftlichen Begleitung beteiligt.

Grauwasser-Reinigung durch grüne Indoor-Wand

Wie man auf so eine Idee kommt? "Durch die Arbeit an einem anderen EU-Forschungsobjekt, schon im Jahr 2018", erklärt Heitzlhofer von alchemia-nova, einem Institut für Kreislaufwirtschaft. Das Team von sechs Personen arbeitete an einer Pflanzenwand, die Grauwasser (verschmutztes Abwasser aus Bädern, Duschen oder Waschmaschinen) zu Brauchwasser (kein Trinkwasser, aber für Klospülungen oder Wäsche waschen nützbar) verwandelt.

Wiederverwendung, Reparatur und Recycling sollen bereits im Design- und Herstellungsprozess von Produkten berücksichtigt werden.

Das ist ein zentraler Schritt zur Kreislaufwirtschaft: In der Kreislaufwirtschaft wird alles wiederverwendet und auch Abfallprodukte sollen als Ressourcen dienen. De Fakto heißt es: Nichts soll weg geschmissen werden, sondern weiter genützt werden.

Das Wasser, das beim Duschen verwendet wird, soll nämlich weiter genützt werden. Aber wie? Es passiert eben durch eine Pflanzenwand. "Da viele beim Duschen jedoch auch selbst Wasser lassen, also pinkeln, mussten wir uns überlegen, wie die Pflanzen das reinigen und wieder nützen können", erklärt sie. Dann haben sie gemerkt, dass sie unter anderem auch eine Biokohl-Kammer benötigen, weil es die Pflanzen alleine nicht schaffen.

Diese Pflanzenwand und Kammer haben sie jetzt auch für das Urinal genützt. "30 Liter Urin werden in 24 Stunden durch die Pflanzen in Düngemittel verwandelt", erklärt sie. Pro Uringang müsse man mit 300 Milliliter Urin rechnen. Also könnten ruhig 100 Menschen im Esterházypark täglich "Wasser lassen". 

"Das ist einer der aufregendsten Tage meines Lebens", sagt Theresa Heitzlhofer während die Pflanzen-Toilette den Boden berührt. Unter dem Klo werden noch Blenden eingebaut, damit keine Tiere, die Kabel anknabbern", sagt sie.

Die nächsten Tage wird das Wasser angeliefert, dann sei das Urin-Klo fertig und 12 Tonnen schwer. Im Klo wird es für die Menschen außerdem ein erklärendes Piktogramm geben.

Das fliegende Pflanzen-Urinal im Esterházypark

Mit Piktogrammen wird den Menschen später erklärt, wie das Urinal funktioniert. "Man darf nur pinkeln, damit es funktioniert", heißt es. 

Man ist hier auf die Mitarbeit der Menschen angewiesen. "Andere Flüssigkeiten und Gegenstände dürfen nicht im Klo zu finden sein, das muss man sonst per Hand entsorgen", sagt sie. Einmal am Tag wird es eine Kontrolle geben.

Ein andere Herausforderung sei die Temperatur. "Wenn es zu kalt wird, müssen wir das Wasser auslassen, ansonsten friert das Wasser in den Röhren", sagt sie. Eigentlich hätte das Urinal noch im Sommer in Liesing aufgestellt werden sollen. Wegen Bauverzögerungen ist es erst jetzt erstmals zu sehen und zu testen. 

Loo steht für Toilette.

Loop steht für Kreislauf.

Pi steht für Pee, also Urin.

Das Urinal kommt nach dem Besuch beim Haus des Meeres ab April auf das Gelände des Nordbahnhofs. Dort soll es bis Ende 2022 bleiben. Aktuell versucht das Team von Heitzlhofer außerdem auch eine Art "Autarkes Haus" zu erstellen.

"Ganz autark wird es aber wohl nie sein, aber der Wasserkreislauf könnte eben geschlossen sein", meint sie. Am Nachmittag besuchte auch Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ) das neue Urinal in seinem Bezirk. Er war diesbezüglich sehr aus dem Häuschen.

"Der Cool-Spot Im Esterházypark beweist, dass Mariahilfer für Forschung und Innovation steht. Mit LooPi widmen wir uns einem weiteren wichtigen Thema“, erklärt er.

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