Dompfarrer Toni Faber war überwältigt. Mit einem derartigen Andrang auf die am Donnerstag eröffnete Impfstation im Stephansdom hatte der Hausherr nicht gerechnet. Bereits um 8.30 Uhr Früh seien erste Interessierte vor den noch verschlossenen Türen gestanden, erzählt der Geistliche.
Beim KURIER-Lokalaugenschein ein paar Stunden später ist der Wartebereich vor der Barbarakapelle brechend voll. Etwa 50 Personen wollen mit dem Vakzin von Johnson&Johnson (12- bis 17-Jährige erhalten Biontech/Pfizer) geimpft werden – und lauschen dabei der Kirchenorgel, die die Messe im Hauptschiff des Doms begleitet.
Praktische Gründe
Die Motive, sich in Österreichs bekanntestem Sakralbau impfen zu lassen, variieren. Aus religiöser Überzeugung sind allerdings die Wenigsten gekommen, eher aus praktischen Gründen. „Ich bin eigentlich unfreiwillig da“, sagt etwa Gabriela, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Eigentlich wollte sie sich nicht impfen lassen. Die Aussicht auf kostenpflichtige Corona-Tests und diverse Einschränkungen für Nicht-Geimpfte „zwinge“ sie aber zum vorsorglichen Nadelstich.
Andere sind da, weil der Dom schlicht und einfach zentral liegt und einfach zu erreichen ist. Weil für die Impfung im Steffl keine Anmeldung benötigt wird. (Der Zugang ist einfach, die Registrierung erfolgt vor Ort.) Oder weil sie sich auf die eine oder andere Weise mit dem Dom verbunden fühlen.
Wie der 82-jährige Anselm Kovar, der in der Dompfarre mitarbeitet und sich sozusagen am Heimspiel erfreut. Oder wie Mario Wank, der den Dom seit Kindertagen kennt und den Rahmen deshalb als vertraut empfindet.
„Zusätzlicher Anreiz“
Die Impfstation im Stephansdom ist ein niederschwelliges Angebot. „Wir bemerken, dass die Impfung für viele Menschen Hürden bereithält“, erklärt Belinda Schneider von den Johannitern, die gemeinsam mit den Maltesern im Stephansdom impfen. Der Anmeldeprozess oder die Sprachbarriere bremse zum Teil die Impfeuphorie. Zudem haben nicht alle Menschen eine eCard – im Steffl ist das aber kein Hindernis.
Initiiert wurde die Impfstation im außergewöhnlichen Rahmen, die am Mittwoch von Kardinal Christoph Schönborn und Bürgermeister Michael Ludwig eingeweiht wurde, von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Als Dompfarre unterstütze man das Projekt, „um Akzente gegen die Impfskepsis zu setzen“, erklärt Faber. Als Kirche wolle man „irrationale Ängste nehmen und Zweifler überzeugen“. Sich im Stephansdom impfen zu lassen, könne für Gläubige einen zusätzlichen Anreiz darstellen.
Das Angebot zieht am Premierentag allerdings nicht nur impfwillige Menschen an, sondern vereinzelt auch verhaltensauffällige. So verstreut etwa eine strikte Impfgegnerin in der Kirche exorziertes Salz, weil der Stephansdom ihrer Meinung nach durch die Impfaktion entweiht worden sei. Zu weiteren Störaktionen sei es aber nicht gekommen, so Faber.
Moschee soll folgen
Im Dom können pro Stunde bis zu 20 Personen geimpft werden. Geöffnet ist die Impfstation im Steffl vorerst bis 22. August, von Donnerstag bis Sonntag, jeweils von 10 bis 21 Uhr. Sollte der Andrang so groß bleiben, sei aber auch eine Verlängerung denkbar, heißt es von den Johannitern.
Die Kooperation mit Religionsgemeinschaften will man seitens der Stadt nun forcieren. So soll der Impfbus etwa Wiens größte Moschee, das Islamische Zentrum in Floridsdorf, oder einen Sikh-Tempel ansteuern.
Mit der Nachfrage nach dem anmeldungs- und terminlosen Impfen ist man relativ zufrieden. Bis dato wurde es von 50.000 Wienern genutzt.
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