Corona-Belastung: Hälfte der Wiener Spitalsärzte denkt an Jobwechsel
Die Spitalsärztinnen und -ärzte sind auch in Wien während der Coronapandemie massiv gefordert. Die Wiener Ärztekammer diagnostiziert sogar eine massive Arbeitsüberlastung bei weiten Teilen des medizinischen Fachpersonals. Dies gehe aus einer Umfrage unter den angestellten Ärzten hervor, wie am Freitag in einer Pressekonferenz erläutert wurde. Personalmangel und ausufernde Verwaltungstätigkeiten seien für die Situation mitverantwortlich, hieß es.
Beauftragt wurde die Studie von der Kurie der angestellten Ärzte in der Wiener Kammer. Durchgeführt wurde sie online bzw. telefonisch von Pitters Trendexpert. Laut deren Geschäftsführer Harald Pitters beteiligten sich 1.765 Personen an der Umfrage, was einer Quote von 21,5 Prozent entspricht. Die Ergebnisse seien durchaus dramatisch, versicherte er: "Mehr als die Hälfte ist körperlich oder emotional erschöpft." Mehr als ein Viertel der Betroffenen fühle sich zudem oft allein gelassen, 14 Prozent haben bereits oft daran gedacht, an einem Burnout zu leiden.
Hälfte erwägt Jobwechsel
Als Konsequenz haben offenbar nicht wenige Wiener Spitalsmediziner bereits erwogen, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. 54 Prozent überlegen dies - wobei es 31 Prozent bereits getan haben. Doch auch eine Veränderung der belastenden Situation wird nicht ausgeschlossen. 52 Prozent der Spitalsärzte haben laut der Umfrage bereits überlegt, den Job zu wechseln bzw. zu kündigen, knapp ein Fünftel denkt darüber sogar oft oder sehr oft nach.
Als Problemstellen nannten die Befragten zu 82 Prozent einen "hohen bürokratischen Aufwand". 78 Prozent machten aber auch Personalmangel für die Situation verantwortlich. 92 Prozent der Befragten befanden zudem, dass auch Patienten unter überforderten Ärzten leiden würden. 98 Prozent befürworteten, die Ärzteschaft stärker ins Corona-Krisenmanagement einzubinden. 89 meinten auch, dass Ärzte für ihre Leistung derzeit unterbezahlt seien.
Mehr Ressourcen gefordert
Die Ergebnisse seien ein absolutes Alarmsignal, befand der Obmann der Kurie der Spitalsärzte, Gerald Gingold: "Das zeigt, wie weit wir schon stehen." Eine Kündigungswelle wäre etwa verheerend. Vor allem sei noch nicht absehbar, wenn die Pandemie ende. Mutationen könnten etwa zu einer weiteren Welle im Herbst führen, bis dahin sei es dringend nötig, die Situation zu ändern. Er forderte unter anderem eine verbesserte Personalplanung.
Doch auch zusätzliche Ressourcen seien unabdingbar, hielt Gingold fest. So würden 97 Prozent der Befragten mehr geschultes Fachpersonal für Intensivstationen fordern. In diesem Bereich sei die Situation besonders dramatisch. Laut dem Kammervertreter habe man zusätzliche Bettenkapazitäten geschaffen, die Fachkräfte seien aber nicht mehr geworden. Diese müssten sich mitunter statt wie früher um zwei nun um bis zu acht Intensivbetten kümmern.
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