Der junge Diglas verpasste dem Café Westend einen neuen Anstrich

Der junge Diglas verpasste dem Café Westend einen neuen Anstrich
Der 31-Jährige hat das Kaffeehaus auf der oberen Mariahilfer Straße übernommen und sanft renoviert.

Die Luster glänzen wieder, der Stuck ist restauriert und der Plafond neu gestrichen – und zwar im selben Grün, in dem die Polstermöbel neu tapeziert worden sind. Türkis, wie die Wände des Café Westend am oberen Ende der Mariahilfer Straße einst gestrichen waren, ist nur noch die alte Kassa. Die steht jetzt links vom Eingang an der Wand.

Der junge Diglas verpasste dem Café Westend einen neuen Anstrich

„Wir haben sanft renoviert. Der Charakter ist erhalten geblieben, aber es ist nicht mehr ranzig“, sagt der neue Chef des bekannten Kaffeehauses. Und der ist nicht weniger bekannt als sein Lokal: Johann Diglas, 31-jähriger Spross der berühmten Wiener Traditionscafetiers-Familie. Beinahe still und heimlich hat der junge Diglas, auch genannt Hansi, das Kaffeehaus gemeinsam mit seiner Freundin Cynthia Hartweger übernommen, im Sommer einen Monat lang renoviert und mit neuem Konzept wiedereröffnet.

Der junge Diglas verpasste dem Café Westend einen neuen Anstrich

Ausgeflippt

Auf der Karte stehen jetzt zwar noch immer Kaffeehaus-Klassiker wie Eiernockerl, Gulasch und Backhendlsalat, aber auch „Ausgeflipptes“, wie Diglas das nennt. Hühnerfilet mit mediterranem Bärlauch-Couscous zum Beispiel. „Es muss nicht jeden Freitag gebackene Scholle sein“, sagt der Gastronom.

Außerdem sei die Mariahilfer Straße „voll mit Fast-Food-Fraß. Da möchte ich ein Kontrapunkt sein.“ Deswegen gibt es im Westend zwar Sachertorte und Apfelstrudel, aber auch Schoko-Brownie und Cheesecake. Und nicht nur Backhendl, sondern auch Burger.

So ähnlich hat Diglas das bei den beiden anderen Lokalen gemacht, die er mit seiner Freundin betreibt. Im Juni 2016 eröffneten sie das Café Diglas im Schottenstift, Anfang 2018 übernahmen sie das insolvente Café Weimar in der Währinger Straße.

Hat der junge Cafetier ein Faible für nicht funktionierende Kaffeehäuser oder will er die Wiener Kaffeehauskultur retten? „Ein bisschen was von beidem“, sagt Hansi Diglas. „Die Leute lechzen ja nach einem guten Wiener Kaffeehaus“. Aber auch das müsse sich weiterentwickeln. Grantige Kellner, grausiger Kaffee – diese Zeiten seien definitiv vorbei.

Im Westend wird Bieder&Maier Kaffee aus Wien serviert, in zwei verschiedenen Röstungen. Und im Gegensatz zu so manchem Traditionsbetrieb würde es dort auch mehr „menscheln“ – das Publikum sei jünger und „lifestyliger“, auch aufgrund der Lage.

Der junge Diglas verpasste dem Café Westend einen neuen Anstrich

„Keine Kette“

Mit der Übernahme des Kaffeehauses auf der Mariahilfer Straße kommt die berühmte Cafetiersfamilie Diglas auf mittlerweile sechs Lokale in Wien. Hansi Diglas’ Eltern betreiben die beiden Stammkaffeehäuser in der Wollzeile und am Fleischmarkt, seine Schwester Elisabeth die Meierei im Türkenschanzpark.

Diglas ist keine Kette“, sagt der 31-Jährige. „Ich habe meinen eigenen Stil, ich steh’ in der Früh auf und arbeite.“ Als Spross der berühmten Familie hätte er es sich auch gemütlich machen können. „Aber ich wollte raus aus meiner Komfortzone.“ Dass manche glauben würden, er setze sich ins gemachte Nest, „damit kämpfe ich schon. Aber es gelingt mir immer besser, damit umzugehen“.

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