Belohnung nach Häfen-Skandal

In Suben schauten drei Wachen zu ...
Verfehlungen im Strafvollzug blieben ungeahndet – und blamieren den Minister.

Vier Wachbeamte vernachlässigen einen psychisch kranken Häftling, 74, in der Justizanstalt Stein, bis er in einem lebensbedrohenden Zustand ist. Die Konsequenz für die Beamten: Vorgesetzte schlagen die vier für die Auszahlung einer Belohnung vor.

In Suben donnert ein Uniformierter den Kopf eines Insassen gegen eine Betonwand – drei Beamte stehen Schmiere. Konsequenz: 100 Euro Geldbuße für den Gewalttätigen, nicht einmal ein Disziplinarverfahren für die Mittäter.

Eine Wache beutet Insassinnen gegen Gefälligkeiten sexuell aus. Konsequenz: Er ist nach wie vor im Dienst.

Der Falter zeichnet in seiner am Mittwoch erscheinenden Ausgabe nach, wie die Justiz bei der Aufarbeitung von Skandalen in den eigenen Reihen versagt. Die von Justizminister Wolfgang Brandstetter gebetsmühlenartig versprochene Systemänderung scheitert regelmäßig – am System und den Beamten. Der Apparat sendet ein fatales Signal aus: Vieles ist in den Gefängnissen erlaubt, nur wenig verboten.

Ein Lehrstück dafür ist der Vernachlässigungsfall rund um Wilhelm S., der in einer Zelle in Stein so lange dahinvegetierte, bis ihm Bandagen in die Beine wuchsen. Der Minister versprach damals ein hartes Durchgreifen. In der Anstalt reagierte man mit dem Vorschlag, den vier Beamten eine Prämie von 140 Euro auszuzahlen.

Wolfgang Gratz kennt das System Strafvollzug wie kein anderer. Er war selbst Häfen-Chef und leitet jene Kommission, die für den Minister den Maßnahmenvollzug reformieren soll. "Es gibt keine Führungskultur. Wie beobachten wir unsere Mitarbeiter? Wie reagieren wir, wenn etwas passiert? Das gibt es bei uns kaum."

Prämien-Orgie

Mit Belohnungen, sagt Gratz, könne man besondere Leistungen steuern. Doch: "Die Belohnung wird gießkannenmäßig verteilt." Eine Prämie bekommt laut KURIER-Recherche jeder Beamte, der nicht straffällig bzw. disziplinarrechtlich verurteilt wurde und nicht im Dauer-Krankenstand ist. Das Vorschlagsrecht liegt beim Dienststellenausschuss und beim Anstaltsleiter. Peter Prechtl, Chef der Gefängnisverwaltung: "In dem besagten Fall wurde das dem Ministerium vorgelegt und es gibt eine Weisung, die Prämie nicht auszuzahlen."

In den Genuss ihrer Prämie könnten auch noch drei der vier Beamten aus Suben kommen. Gegen die drei, die zusahen, wie ihr Kollege den Kopf eines Insassen gegen die Wand schlug, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Sie hätten nicht erkennen können, dass eine Misshandlungsabsicht bestand. Gratz spricht vom "verfehlten Signal".

Ungeschoren kam bisher "Elvis" davon. Das ist der Spitzname jenes Beamen aus dem Frauentrakt der Josefstadt, der unter Missbrauchsverdacht steht. Der Anfangsverdacht hat laut Prechtl für eine Suspendierung nicht ausgereicht. Das war im Juni 2013. Die Staatsanwaltschaft trödelte – bis ihr das Justizministerium Einvernahmen vorschrieb. Dem Falter liegt der Abschlussbericht vor, Prechtl noch nicht. Das Justizministerium wollte nicht Stellung nehmen.

Die Justiz kann auch anders: Eine Korruptionsstaatsanwältin wurde vor Gericht gestellt, weil sie sich Überstunden erschlichen haben soll – vertagt.

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