Ein Vorhaben, an das die Grünen nicht mehr glauben. In der Gemeinderatssitzung am Mittwoch stellen sie eine dringliche Anfrage an den Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). „Zum dritten Mal in Folge gibt es keine Fortschritte bei der Reduktion des Autoverkehrs“, heißt es darin. Denn in den letzten drei Jahren blieb der Anteil des motorisierten Individualverkehrs im Modal Split mit 26 Prozent unverändert.
Keine Chance, Ziel für 2025 zu erreichen
Dabei ist schon Ende nächsten Jahres das erste Zwischenziel fällig. Nur 20 Prozent soll der Autoverkehrsanteil 2025 betragen. Eine Chance, dass dieses Ziel erreicht werden kann, sieht Verkehrsforscher Ulrich Leth von der TU Wien nicht mehr. „Dass das zu schaffen ist, kann ich mir mit diesen Entwicklungen nicht vorstellen“, sagt er. Trotz des 365-Euro-Tickets für die Öffis im Jahr 2012, des flächendeckenden Parkpickerls und einiger Leuchtturmprojekte wie der Mariahilfer Straße habe sich beim Modal Split schon seit mehr als einem Jahrzehnt nur wenig geändert.
Der letzte etwas größere Sprung war zwischen 2010 und 2011. Und auch damals ist der Autofahreranteil nur um zwei Prozentpunkte gesunken. Seitdem liegt er konstant zwischen 26 und 27 Prozent.
„In Wien versucht man es mit Pull-Maßnahmen. Man konzentriert sich auf die Angebotsverbesserung für Öffi- und Radfahrer. Das ist aber nur die eine Seite“, sagt Leth. Man brauche auch mindestens so starke Push-Maßnahmen, also Maßnahmen, die das erwünschte Verhalten durch Erzwingen oder Unterbinden erreichen. „Für viele Wege ist es in Wien einfach noch zu attraktiv, das Auto zu nehmen“, sagt Leth.
Konkret, meint der Experte, müsste das Parken teurer werden. Mit dem flächendeckenden Parkpickerl kann man um nur 120 Euro ein Jahr lang im Wohnbezirk parken. Das habe zwar den positiven Effekt gehabt, dass weniger Pendler aus anderen Bundesländern auf den öffentlichen Parkplätzen in Wien stehen. „Dafür stehen jetzt vermehrt Autos mit Wiener Kennzeichen herum“, sagt Leth.
Frei gewordene Flächen umgestalten
Die Stadt habe es verabsäumt, die durch das Parkpickerl frei gewordenen Parkplätze umzugestalten und anders zu nutzen, als Gehsteige beispielsweise. „Das hätte damals schnell gehen müssen. Nun ist der Effekt, den das Parkpickerl haben hätte können, völlig verpufft.“
Zu spät sei es dafür aber noch nicht. Wenn man das Ziel von 2030 noch erreichen will, müsse man das Überangebot, das in Wien derzeit für Autofahrer herrscht, verringern, sagt Leth. Kleinere Parkzonen, weniger und teurere Parkplätze und weniger Fahrstreifen seien dafür das Rezept.
"Erfolge kleinjammern"
Ähnliche Forderungen finden sich auch im Antrag der Grünen. Dazu kommen ein Ausbauprogramm für Öffis am Stadtrand sowie autofreie Schulvorplätze und attraktivere Ampelphasen.
Auf KURIER-Anfrage will sich die SPÖ keinen Misserfolg nachsagen lassen. Wien investiere aktuell dreimal so viel in den Ausbau der Öffis als in Straßen. Der Straßenbahn- und U-Bahn-Ausbau laufe auf Hochtouren, und auch bei den Radwegen werde jetzt deutlich mehr investiert als noch unter Grüner Zuständigkeit. „Zehn Jahre für das Verkehrsressort zuständig sein, in vielen Bereichen einen Scherbenhaufen hinterlassen und dann die Anstrengungen und Erfolge der rot-pinken Stadtregierung krankjammern“, sagt Erich Valentin, Vorsitzender des Mobilitätsausschusses im Gemeinderat (SPÖ).
Eine Einschätzung, bei der sich ein Blick in die Statistik ebenfalls lohnt: In den zehn Jahren, in denen die Grünen in der Stadtregierung waren, ist der Anteil am motorisierten Individualverkehr in Wien um 4 Prozent gesunken. Von 31 auf 27.
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