Auslieferung eines mutmaßlichen Serienmörders gestoppt

Mutmaßlicher Serienkiller Aslan G. bleibt vorerst in Wien
Moskau: Die russische Justiz hält Zusicherungen von Haftbedingungen nicht ein, Gericht steigt auf Bremse

Eine Auslieferungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Wien (OLG) deckte am Dienstag auf: Russland dreht Österreich offenbar eine lange Nase, was die Zusicherung von Haftbedingungen betrifft.

Das Wiener Landesgericht erklärte am 19. August die Auslieferung eines mutmaßlichen russischen Serienmörders an Moskau für zulässig. Die Generalstaatsanwaltschaft in Moskau hatte der Wiener Justiz im Fall der Überstellung des 45-jährigen Aslan G. eine menschenrechtskonforme Behandlung zugesagt. Genau das selbe Versprechen hatte Russland schon im Parallelfall des mutmaßlichen Auftragsmörders Anatoly R. gemacht, der nach einem Beschluss des OLG Wien am 21. August den russischen Behörden übergeben wurde. Er sollte in die Untersuchungshaftanstalt 1 in Nowosibirsk eingeliefert werden und jederzeit Besuch von seiner Anwältin erhalten können.

Kein EU-Standard

Im Justizpalast legte der Anwalt von Aslan G., Lukas Kollmann, nun Berichte von einem Gefangenen-Hilfsverein vor, wonach die Zusagen im Fall Anatoly R. ganz und gar nicht eingehalten wurden. Der Häftling wurde in eine Haftanstalt außerhalb der sibirischen Metropole Nowosibirsk verlegt, die keineswegs europäischen Mindeststandards entspricht. Seiner Anwältin wurde insgesamt drei Mal der Zutritt verwehrt, zuletzt am 17. Dezember. Begründet wurde das damit, dass keine schriftliche Genehmigung des zuständigen Ermittlers vorgelegen sei.

Auch wurde inzwischen bekannt, dass der russische Präsident Wladimir Putin kürzlich ein Verfassungsgesetz unterschrieben hat, wonach Entscheidungen von internationalen Gerichten nur noch anerkannt werden, wenn sie in Einklang mit der russischen Verfassung stehen. Kritiker befürchten, dass sich Moskau damit auch nicht mehr an Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebunden erachten könnte.

Das OLG Wien, das die Auslieferung von Anatoly R. beschlossen hatte, stoppte daraufhin sofort die Auslieferung von Aslan G. Über die österreichische Botschaft in Moskau soll nun überprüft werden, ob die Zusagen im Fall Anatoly R. tatsächlich nicht eingehalten wurden. „Wir haben ihnen Glauben geschenkt“, sagte Senatspräsident Leo Levnaic-Iwanski. Bis dahin bleibt Aslan G. in Österreich.

Ob das Justizministerium auf diplomatischem Weg eine Rückkehr von Anatoly R. erreichen könnte, ist mehr als fraglich.

Kommentare