Aus dem Häuschen: Wieso öffentliche WCs in Wien weniger werden
Seit dem Lockdown ist der Weg zur nächsten Sanitäranlage mitunter ein längerer. Denn die Wienerinnen und Wiener gehen zwar im Lockdown besonders gern spazieren, aber: Die Klos fehlen.
Denn die Möglichkeiten in Restaurants, Hotels oder Museen fallen derzeit weg. Eine Herausforderung für Eltern mit kleinen Kindern, ältere Personen und Schwangere.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der öffentlichen Toiletten stets gesunken. Im 4. und auch im 15. Bezirk betreut die zuständige MA 48 jeweils nur mehr eine Anlage.
Dauerthema Toilette
Dabei sind in vielen Bezirken fehlende WCs ein Dauerthema. „Bei jeder Sprechstunde, bei jedem Termin in Parks oder auf Märkten werde ich darauf angesprochen“, sagt Währings grüne Bezirksvorsteherin Silvia Nossek. Seit 2015 hat sie immerhin fünf von sechs geschlossenen Anlagen öffnen können.
In Hietzing drängt ÖVP-Bezirkschefin Silke Kobald seit Jahren auf eine Anlage im Hörndlwald. Den Sportplatz könnte man so auch mit Trinkwasser versorgen. Von der MA 48 wurde das Projekt abgelehnt: Aufgrund der fehlenden Infrastruktur sei die Errichtung zu teuer.
Grundsätzlich sind Sanitäranlagen Bezirkssache. Alleine stemmen können diese das Thema oft nicht. Kommt die Schaffung einer Toilette doch auf rund 200.000 Euro, eine Sanierung auf 30.000 bis 50.000 Euro.
12 Millionen Euro Förderung
Dem 18. Bezirk stehen aber beispielsweise für alle Themen im Jahr fünf Millionen Euro zur Verfügung. Die Stadt hat in den vergangenen sechs Jahren Sanitäranlagen daher mit 12 Millionen Euro unterstützt.
159 Anlagen der Stadt
Insgesamt gibt es in der Bundeshauptstadt 159 öffentliche, von der MA 48 verwaltete, Toiletten. 2013 waren es 166. Dieser Schwund wirkt nicht dramatisch. Allerdings ist Wien im gleichen Zeitraum um 150.000 Personen angewachsen.
„Im internationalen Vergleich liegen wir im absoluten Spitzenfeld“, sagt Josef Thon, Leiter der MA 48. „Berlin, eine Stadt, die viermal so groß und zweimal so viele Einwohner hat, besitzt 260 öffentliche Toiletten; London hat 250 WC-Anlagen und Budapest überhaupt nur 50.“
Durch die geschlossenen Toiletten stehe außerdem mehr Geld für den Erhalt der existierenden Anlagen zur Verfügung. 118 WCs wurden seit 2014 instand gesetzt, umgebaut, geschaffen.
Die Stadt verweist weiters auf die öffentlichen Anlagen der Wiener Linien oder der ÖBB. Doch auch hier gibt es Schließungen.
Vandalismus und schlechte Frequenz
Elf WC-Anlagen haben die Wiener Linien 2017 dauerhaft geschlossen. Und auch die 54 offenen werden oft wochenlang für Reinigungsarbeiten gesperrt.
„Spülbecken werden heruntergebrochen, WCs überflutet, mit ‚Materialien‘ beschmiert, für illegale Zwecke genutzt“, sagt eine Sprecherin. Um fünf Millionen Euro werden nun alle Anlagen erneuert. Mit Ende 2021 werden dann nur mehr 28 WC-Anlagen im Wiener U-Bahnnetz für Fahrgäste zur Verfügung stehen, sechs davon werden von einer externen Firma betreut.
In frequenzarmen Stationen rentiere sich der Erhaltung von Toiletten auch für die ÖBB nicht. 14 Anlagen gibt es in Wiener ÖBB-Stationen. Und: „In jedem Zug.“
Kooperation und Öklo
Für die Wienerinnen und Wiener finden die Bezirke öfter eigene Lösungen. Nach fünf Jahren soll es ab kommendem Jahr wieder eine Toilette am Gersthofer Platzl geben.
In der Josefstadt wurde eine Kooperation mit dem Lokal „Tagsüber“ eingegangen.
Und auf der Wieden hat der Bezirk in Parks Öklos aufgestellt.
Die mobile Komposttoilette wurden von drei Österreichern erfunden. Sie arbeiten mit Holz und Sägespänen und verhindern so Geruchsbildung.
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