Angeklagte im Terrorprozess lüftete Schleier

Erst in der Verhandlung nahm die 21-Jährige den Schleier ab
IS-Anklage: Richter kündigte Ausschluss von der Verhandlung an, wenn die 21-Jährige ihr Gesicht nicht zeigt

Déjà-vu im Wiener Landesgericht: Vor sieben Jahren wollte die damals 21-jährige (inzwischen getrennte) Frau des IS-Mitbegründers Mohamed Mahmoud im Terrorprozess ihren Gesichtsschleier nicht ablegen. Bei Mona S. war wenigstens die Augenpartie zu sehen, der Richter schloss sie trotzdem von der Verhandlung aus: „Wir sind kein Gottesstaat.“

Zustimmung

Am Donnerstag saß wieder eine 21-Jährige mit Schleier auf der Anklagebank, bei Iman J. blieben nicht einmal die Augen unverdeckt. Richter Daniel Rechenmacher stellte in Aussicht, in ihrer Abwesenheit zu verhandeln, sollte sie ihr Gesicht nicht zeigen. Erst nach Ermahnungen ihrer Anwältin Alexandra Cervinka und als ihr mitangeklagter Ehemann (nach islamischem Recht) Sergo P. seine Zustimmung gab, lüftete die junge Frau den Schleier.

In Gang kam der Prozess damit aber noch lange nicht. Zunächst weigerten sich der 20-Jährige und die 21-Jährige, sich bei der Vereidigung der Schöffen („Sie schwören und geloben vor Gott“) zu erheben. Wieder musste der Richter erst in den Raum stellen, die Angeklagten des Saales zu verweisen, bis diese aufstanden. Wobei der Mann erneut bestimmte, was zu tun sei. Die Frau folgte.

Schließlich begann die, wegen angeblich ständig drohender Zusammenbrüche im Rollstuhl sitzende, ebenfalls angeklagte Mutter von Sergo P. laut zu stöhnen, ließ den Kopf zurückfallen und musste von einer anwesenden Ärztin behandelt werden. Der Richter wollte sie schon zurück in die Justizanstalt bringen lassen („Wenn Sie mir hier alle fünf Minuten hyperventilieren, bringt das ja nichts“). Doch die 39-jährige Ann B. (von Lennart Binder verteidigt) weinte lautstark und wollte unbedingt dicht neben ihrem Sohn sitzen bleiben.

Gruppenmoral

Staatsanwältin Stefanie Schön wirft den gebürtigen Tschetschenen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vor. Sie hätten im Juli 2014 versucht, mithilfe eines Schleppers über die Türkei nach Syrien zu gelangen, um sich dort der Terror-Miliz Islamischer Staat anzuschließen. Konkreter wurde die Staatsanwältin nicht. Aus der Anklageschrift kann man sich aussuchen, ob sie sich „am bewaffneten Kampf, durch logistische Unterstützungshandlungen, finanziell oder auf sonstige Art und Weise durch Stärkung der Gruppenmoral“ hatten beteiligen wollen.

Die Angeklagten versicherten, sie wären nur deshalb in die Türkei gefahren, um in Istanbul die Dienste eines Heilers in Anspruch zu nehmen. Dieser hätte die kranke Mutter behandeln sollen, nachdem sie in der U-Bahn wieder einmal einen Zusammenbruch erlitten hatte. Man habe sich dabei eines Schleppers bedient, weil sie keine gültigen Visa hatten. Bei Sergo P. gefundenes IS-Propagandamaterial spricht freilich gegen die Verantwortung.

In der Türkei war die Gruppe in eine Polizeikontrolle geraten, mangels nicht vorhandener Sichtvermerke in Schubhaft genommen und schließlich nach Österreich zurückgeschickt worden. Iman J. war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger. Nachdem sie, ihr Mann und ihre Schwiegermutter festgenommen wurden, brachte die 21-Jährige in der U-Haft einen Sohn zur Welt, den sie Osama nannte.

Die Urteile fallen nächste Woche.

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