6000 Patienten suchen einen Arzt

Arzt Al-Hachich (re.) darf nicht mehr ordinieren und vertröstet seine ratlosen Patienten auf April. Dann sollen Wahlärzte seine Praxis in Favoriten übernehmen
Ersatz für einen Hausarzt mit Berufsverbot zu finden, gestaltet sich mehr als schwierig.

Dass sein Arzt seit Wochen nicht mehr ordinieren darf, hat sich zu Kadar Jangir noch nicht durchgesprochen. Wie viele andere Patienten steht der gebürtige Syrer ratlos in der Praxis von Youssef Al-Hachich in der Laxenburger Straße (Favoriten). "Ich habe keine Ahnung, zu welchem Arzt ich jetzt gehen soll. Ich kann ja nicht einmal Deutsch", sagt der Patient auf Englisch.

Wie der KURIER berichtete, hat die zuständige MA 40 vor einigen Wochen ein temporäres Berufsverbot verhängt und die WGKK die Verrechnung mit dem Arzt gestoppt. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Al-Hachich. Es geht um den Verdacht der Arzneimittelfälschung und der Hehlerei (siehe unten).

6000 Patienten suchen einen Arzt
Arzt

Auf der Strecke bleiben nicht weniger als 6000 Patienten. Nach wie vor ist keine befriedigende Lösung für sie gefunden. Zwar hat die WGKK in ihrem Gesundheitszentrum Mariahilf eilig zwei praktische Ärzte abgestellt, die sich um die verwaisten Patienten aus Favoriten kümmern sollen. Doch dieses Service wird kaum genutzt: "Täglich kommen im Schnitt gerade einmal zwei Patienten zu uns", räumt der ärztliche Leiter Johann Hitzelhammer ein. Möglicherweise sei der Anfahrtsweg zu lang.

Deshalb ächzen jetzt manche Ärzte in der Nachbarschaft von Al-Hachichs Praxis unter der Last der zusätzlichen Patienten. "Wir haben sicher 30 bis 40 mehr. Einige mussten wir auch schon abweisen", sagt eine hörbar genervte Mitarbeiterin einer Ordination, die namentlich nicht genannt werden will. Immer wieder komme es zu Streitereien. "Etwa wegen Rezepten, die wir nicht ausstellen können, weil die nötigen Dokumente noch in der anderen Praxis liegen."

6000 Patienten suchen einen Arzt
Gesundheitszentrum, Mariahilfer Straße

Um das Chaos endlich zu beseitigen, fordert die Ärztekammer von der Kassa, die verwaise Stelle sofort neu auszuschreiben. Das sei nicht so einfach, kontert man dort: "Schließlich ist der Vertrag mit dem Arzt derzeit noch aufrecht, auch wenn die Kündigung geprüft wird", sagt Andreas Obermaier von der WGKK. Rechtlich sei es aufgrund des Berufsverbots auch nicht möglich, eine Vertretung in die Ordi zu setzen.

Genug Ärzte

Es seien ohnehin genügend Ärzte in Favoriten vorhanden. Einige würden sogar von sich aus die Versorgung der Patienten anbieten, schildert Obermaier. Dennoch: Ab Montag wird es auch im Gesundheitszentrum Süd der WGKK ein bis zwei zusätzliche Ärzte geben, die für die Patienten Al-Hachichs da sind. Weiters bietet man den Ordinationen in Favoriten an, Vertretungsärzte einzustellen, die sich außerhalb der regulären Öffnungszeiten um die Patienten kümmern.

Selbst darf Youssef Al-Hachich aufgrund des Berufsverbots nicht mehr ordinieren, mit einer kreativen Lösung will er die Versorgung seiner Patienten dennoch aufrechterhalten: "Ab 1. April werden vier Wahlärzte in meiner Praxis tätig sein", sagt der Arzt zum KURIER. Schließlich sei die Ordination ja nicht gesperrt.

Die Ärzte sollen die Patienten für eine Art Solidarbeitrag (zehn Euro pro Monat für Erwachsene, fünf Euro für Kinder) behandeln.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weist Al-Hachich zurück. Nie habe er gefälschte Arzneimittel verkauft oder weitergegeben. "Ein Patient hat mir ein Arznei-Muster geschenkt, das sich als Fälschung herausgestellt hat. Ich habe es aber bei mir behalten und nicht weitergegeben." Auch Handys und Computer, die ihm Patienten "aus Dankbarkeit" gegeben hätten, habe er nicht weiterverkauft. Letztlich werden wohl die Gerichte die Causa klären müssen. Al-Hachich selbst rechnet damit, dass es im April eine Anklageschrift geben wird.

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