20 Jahre Protestsongcontest: Lieder gegen alles und jeden
Der Freistädter Liedermacher Beda mit Palme nennt sich deshalb so, weil er Peter heißt und stets in Begleitung einer Zimmerpalme auftritt. In seinem Lied „Gredt wird vü“ gibt er dem typischen Internetposter eine Stimme: „Mei Meinung sag i zu jedem Thema, a wenn i mi ned auskenn!“, singt er in breitem Mühlviertler Dialekt.
Ganz andere Töne schlagen die Herren Kreiml, Fate & Alligatorman an. „Wenn die ka Brot ham, solln s’ Mäciburger fressen!“ höhnen sie zu lässigen Hip-Hop-Beats. Und ja: Der Songtitel „Eins Vierzig“ spielt auf den Preis für einen Hamburger bei McDonald’s an – eine Information, mit der Bundeskanzler Nehammer im Sommer unfreiwillig Schlagzeilen machte.
„Gredt wird vü“ und „Eins Vierzig“ sind zwei von zehn Songs, die heute Abend beim traditionellen Protestsongcontest (PSC) im Rabenhof zum Besten gegeben werden.
Mit seiner Mischung aus Pop und Politik, Spaß und Engagement ist der PSC längst zur Institution geworden. Er geht bereits zum 21. Mal über die Bühne. Karten gibt es längst keine mehr, aber Mitveranstalter FM4 überträgt live.
Angefangen hat es vor 20 Jahren damit, dass Rabenhof-Direktor Thomas Gratzer etwas zum 70. Jahrestag der Februarkämpfe 1934 machen wollte. Das Rabenhof-Theater befindet sich ja mitten im gleichnamigen Gemeindebau aus den 1920er-Jahren; auch dort gab es damals Tote.
Jedes Jahr am 12. Februar
„Ursprünglich war das als einmalige Aktion gedacht“, erinnert sich Gerald Stocker, der den PSC von Anfang an federführend begleitet hat. Aber die Veranstaltung war von Anfang an so erfolgreich, dass der PSC seither jedes Jahr am 12. Februar stattfindet.
Mehr als 4.000 Protestsongs sind im Lauf der Jahre bisher eingereicht worden. Beim ersten PSC 2004 gewann ein Künstler namens Georg Freizeit. Wie dieser haben auch die meisten anderen Gewinner danach nicht die große Karriere gemacht; das zumindest hat der PSC mit dem richtigen Song Contest gemeinsam.
Mieze Medusa (2007) und Sigrid Horn (2019, siehe Titelbild) gehören zu den wenigen bekannteren Namen auf der Siegerliste. Andere namhafte Künstler haben teilgenommen, aber nicht gewonnen: Der Nino aus Wien etwa kam mit seinem „Spinat Song“ 2009 nur auf Platz fünf.
Die Wiener Band Rammelhof gewann 2015 mit dem Song „Wladimir (Put Put Putin)“, das Youtube-Video zum Song ging in der Ukraine damals durch die Decke. Im Vorjahr war beim PCR dann die nach Österreich geflüchtete Ukrainerin KüR siegreich.
Die Jurydiskussion ist Teil der Show
Punk und Rap, Wienerlied und Ballade: Stilistisch ist die Vielfalt groß. Beim Protestsongcontest geht’s aber nicht nur um die Songs. Auch die Jurydiskussion ist Teil der Show. „Viele kaufen sich eine Karte, weil sie es cool finden, wie da gestritten wird“, weiß PSC-Macher Stocker.
Es gehört zur Tradition des Protestsongcontests, dass auch gegen die Jury protestiert wird. Besonders umstritten war die Juryentscheidung 2013, als nicht die „Refugees“ (aus der damals besetzten Votivkirche) gewannen, sondern die Liedermacherin Benedikta Manzano – nur, weil die angeblich den besseren Song geliefert hatte.
Termin: Der Protestsongcontest findet, wie jedes Jahr seit 2004, am 12. Februar (20 Uhr) im Rabenhof statt. FM4 überträgt live, ORF III zeigt ab 22.40 Uhr eine Aufzeichnung.
Regeln: Aus den eingereichten Songs (heuer: 181) kommen 25 in die Vorausscheidung, davon schaffen es zehn ins Finale. Eine sechsköpfige Jury vergibt Punkte, das Publikum kann online mitvoten.
Link zu den Songs: fm4.orf.at/stories/3038876
„Ich finde immer wieder erstaunlich, was für eine Kraft das live entwickelt“, sagt der Schauspieler Michael Ostrowski, der den PSC seit zehn Jahren moderiert. „Ein Song, der gewinnen will, muss aber auch im Radio funktionieren.“
Von Alltagssorgen bis zur ganz großen Politik
Ein Blick zurück auf 20 Jahre PSC ist auch ein Rückblick auf große und kleine Krisen aus zwei Jahrzehnten. Manches wirke aus heutiger Sicht fast lächerlich, sagt Gerald Stocker. George Bush zum Beispiel sei vor 20 Jahren ein großer Aufreger gewesen. „Da ist der Trump doch zehn Mal so gefährlich.“
Aber nicht in allen Protestsongs geht es um die ganz große Politik. Laura Braun etwa tritt heuer mit einem Lied an, in dem sie ganz normale Geldsorgen thematisiert: „Mama, ich würd so gerne zum Klavierunterricht“, singt sie. „Doch ich weiß, dafür reicht es vorn und hinten nicht.“
Kommentare