Man kann es mit dem guten Benehmen auch übertreiben
Danke für nichts. Die Stammgäste des Cafés sind nicht nur exzessive Print-Zeitungsleserinnen und -leser, sie schauen auch jeden Abend „ZiB 2“ – na gut, jedenfalls an den Abenden, an denen sie es rechtzeitig aus dem Café geschafft haben.
Zum Frühstücken kommen die Stammgäste dann eh wieder ins Café, wo sie ausführlich, ausufernd und manchmal auch ausfallend diskutieren, wie sich der Studiogast im Gespräch mit Margit Laufer, im Interview mit Martin Thür oder im Verhör mit Armin Wolf geschlagen hat. Vor einiger Zeit hat sich dabei eine merkwürdige Usance eingeschlichen, die bei den Stammgästen gar nicht gut ankommt. Irgendjemand hat damit angefangen, sich für die Einladung ins Studio zu bedanken – und inzwischen ist die Floskel „Danke für die Einladung!“ so obligatorisch, dass sie wahrscheinlich bald im „Elmayer“ stehen wird. Der Satz ist zu einer Art Begrüßungsformel geworden.
Moderator: „Guten Abend!“
Gast: „Danke für die Einladung!“
Falsche Höflichkeit. Was regt die Stammgäste daran so auf? Es ist doch höflich, „danke“ zu sagen, oder? Doch, aber das hier ist falsche Höflichkeit. Oder, genauer gesagt: Höflichkeit am falschen Platz. Wenn die wichtigste Informationssendung des Landes jemanden einlädt, dann tut sie demjenigen keinen Gefallen, sondern sie will etwas von ihm. Wenn sich hier jemand bedanken müsste, dann eher der ORF. Der Gast macht sich also kleiner, als er oder sie ist.
Wie seltsam das ist, wird offensichtlich, wenn man sich vorstellt, dass der Moderator auf die Floskel mit „Bitte, gern geschehen!“ oder „Nichts zu danken!“ reagierte – was er natürlich nicht tut, das wäre ja lächerlich.
Während die Stammgäste so diskutieren, wird es immer später, die ersten Spritzer werden bestellt, bis es wirklich Zeit wird und jemand aus der Runde die Zeche übernimmt. Das ist der passende Moment, „Danke für die Einladung!“ zu sagen.
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