Kind von Bande missbraucht: Offenbar pornografisches Material angefertigt
Eine damals Zwölfjährige soll in Wien von bis zu 17 Burschen bzw. jungen Männern sexuell missbraucht worden sein. Die "Kronen Zeitung" berichtete das am Donnerstag als erster und schrieb von Gruppenvergewaltigungen, an denen sich zeitweise acht Täter gleichzeitig beteiligt haben sollen.
Die Staatsanwaltschaft Wien (STA) präzisierte das am Donnerstagabend gegenüber dem KURIER und bestätigte Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs einer Unmündigen. Gegen einen Beschuldigten werde zudem wegen mutmaßlicher Vergewaltigung ermittelt. Die zunächst medial kolportierte Gruppenvergewaltigung habe es aber eben so wenig gegeben wie Festnahmen und Hausdurchsuchungen, stellte Behördensprecherin Nina Bussek ausdrücklich klar.
Donnerstagfrüh kam es jedoch zu Razzien bei den Verdächtigen, welche die Übergriffe zum Teil gefilmt oder zumindest fotografiert und das Opfer damit erpresst haben sollen. Die Zugriffe durch die Polizei erfolgten zeitgleich, damit sich die Beschuldigten nicht absprechen konnten.
Laut Polizeisprecherin Julia Schick stand die Polizeiaktion in Zusammenhang mit „Ermittlungen in einem Fall des schweren sexuellen Missbrauchs eines unmündigen weiblichen Opfers“. Aus Opferschutzgründen gab sich die Exekutive zunächst aber recht bedeckt.
Neue Ermittlungsergebnisse
Bei einem Pressegespräch am Freitag veröffentlichte die LPD Wien neue Ermittlungserkenntnisse. Demnach wurden auch pornografische Darstellungen der damals 12- und inzwischen 13-Jährigen angefertigt. "Bis auf einen konkreten Fall haben aber keine Gewalt oder Drohung stattgefunden", berichtete Florian Finda, stellvertretender Leiter des mit den Ermittlungen betrauten LKA Süd.
Das Opfer, eine österreichische Staatsbürgerin, wurde aber laut dem Kriminalisten zum Geschlechtsverkehr verleitet, was aufgrund des jungen Alters (Unmündigkeit) strafbar ist. Der Vorwurf der pornografischen Darstellung bezieht sich darauf, dass Bilder der mutmaßlichen Übergriffe angefertigt und diese via WhatsApp verschickt wurden.
Hotel für Tat gebucht
Die am Donnerstag befragten Burschen sind laut Polizei nur teilweise geständig sein. Das Mädchen sagte gegenüber der Polizei aus, dass sie von Februar bis Juni 2023 mehrmals wöchentlich missbraucht wurde. Einmal auch in einem Hotel von mehreren Tätern gleichzeitig. Den Ermittlern liegt eine dementsprechende Buchung vor. verwickelt. Gewalt gegen die Betroffene dürfte in all diesen Fällen nicht ausgeübt worden sein. Allerdings sollen die Burschen gewusst haben, dass das Mädchen noch keine 14 war und ihnen die Vornahme von sexuellen Handlungen deshalb von Gesetzes wegen nicht erlaubt waren.
Weiters haben die Kriminalisten Handys sichergestellt, die nun von Forensikern ausgewertet werden. Kennen sollen sich die Jugendlichen aus einem Park in Favoriten, auch das Mädchen lernte dort die Verdächtigen kennen. Über Social Media wurden weitere Kontakte angebahnt. Den konkreten Park wollte die Polizei aufgrund laufender Ermittlungen nicht nennen.
Das Mädchen dürfte immer wieder Schule geschwänzt haben, lebt sonst aber in einem "unauffälligen Haushalt mit seiner Mutter", hieß es am Freitag. Dass es nach dem Sommer zu keinen Übergriffen mehr kam - wovon die Polizei ausgeht - soll daran liegen, dass das Mädchen seinen jetzigen Freund, der ebenfalls erst 13 ist und nicht zu den Verdächtigen gehört, kennenlernte.
Physische Gewalt in einem Fall
Das Kind sagte aus, dass einmal von einem 16-jährigen Syrer Gewalt angewandt wurde, um sie zum Geschlechtsverkehr zu drängen. Laut Opfer kam es aber nur in dem Fall zu körperlicher Gewalt.
Bei den anderen Fällen wurde die 12-Jährige so lang "gebeten" und Druck ausgeübt, bis das Mädchen nachgab, so die Ermittler. Das Mädchen habe keinen anderen Ausweg gesehen. "Das ist dennoch strafbar aufgrund des jungen Alters", so der mit dem Fall betraute Bezirksinspektor Manuel Leitner.
Mutmaßliche Täter amtsbekannt
Dass gegen Verdächtige im Alter von 13 bis 19 Jahren ermittelt wird, bestätigte sich somit am Freitag. Auch, dass - entgegen erster medialer Berichte - nur sofortige Vernehmungen und keine Festnahmen angeordnet worden waren, betonte die STA erneut.
Die Beschuldigten, sie sind größtenteils wegen Einbruchs- und Gewaltdelikten amtsbekannt, befinden sich aktuell auf freiem Fuß, während ihre Aussagen geprüft werden. Sie bestritten die Vorwürfe und sprachen von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr. Sie wurden angezeigt.
Die Verdächtigen sollen das Mädchen mehrfach sexuell missbraucht haben - unter anderem in einer Parkgarage in der Nähe des Wiener Hauptbahnhofs sowie in einer Wohnung, einem Stiegenhaus, Toiletten-Anlagen und Parks ebenfalls in Wien-Favoriten. Die Taten wurden gefilmt und das Opfer damit erpresst, schreibt die "Krone".
Laut einem Bericht der Zeitung handelt es sich bei den Tatverdächtigen um sechs Österreicher mit Migrationshintergrund, drei syrische Asylwerber sowie Jugendliche bzw. junge Männer aus Südosteuropa und der Türkei.
In einer Polizeiaussendung Donnerstagabend hieß es, dass einer von ihnen bei der polizeilichen Vorführung zur Vernehmung Widerstand geleistet habe. Der 16-Jährige wurde daraufhin vorläufig festgenommen.
Erster Freund soll Mädchen unter Druck gesetzt haben
Ausgangspunkt war dem "Kronen Zeitung"-Bericht zufolge der erste Freund der Zwölfjährigen, den sie Anfang 2023 kennengelernt haben dürfte. Er soll das Kind unter Druck gesetzt und genötigt haben. Er soll es außerdem seinen Komplizen für weitere schwere Missbräuche überlassen haben.
Das Opfer soll sich aus Scham, und, weil es mit den Handyvideos erpresst bzw. für weitere Straftaten gefügig gemacht worden sein dürfte, erst sehr spät an seine Mutter gewandt haben, die dann vergangenen Oktober gemeinsam mit der Tochter die Polizei verständigte und Anzeige erstattete.
Die Polizei bestätigt, dass es Chats gibt, in denen mit der Veröffentlichung von Videos gedroht wurde. Ob es besagte Videos auch gibt, sei hingegen Ermittlungsgegenstand.
Das Kind dürfte sich für den erlebten Missbrauch jedenfalls geschämt haben. Laut Finda wollte sie nicht in Gegenwart der Mutter aussagen. In Beisein einer Opferschutzvertreterin tätigte sie schließlich ihre belastenden Aussagen.
Hilfe für von Gewalt Betroffene
In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u. a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133.