Entwurzelt
"Allesamt sind entwurzelt und ohne Halt. Als Gesellschaft waren wir nicht in der Lage, das Fehlen des familiären Umfelds und der Stabilität auszugleichen", sagt die Staatsanwältin.
Denn was am 10. November des Vorjahres geschehen sein soll, lässt in Untiefen blicken. Schon ein Monat davor hatte das ältere Mädchen den älteren Angeklagten kennengelernt. Er gab der 14-Jährigen eine Ecstasy-Tablette. Im Gegenzug bekam er Sex.
An besagtem Novembertag schwänzten die Mädchen dann die Schule. Und wollten Drogen konsumieren. Die Ältere rief den Angeklagten an. Der machte klar - die gibt es auch diesmal nur gegen eine entsprechende Gegenleistung. Als er hörte, dass ein weiteres Mädchen dabei sein wird, fragte er: "Ist sie eh jung?"
Mit Schultaschen zum Dealer
Mit ihren Schultaschen machten sich die Mädchen auf den Weg zu ihm. Doch er war nicht allein. Sein 17-jähriger Freund war ebenfalls in der Wohnung. Und als sich die beiden älteren zum Sex ins Bad zurückzogen, machte sich der 17-jährige Bursche an das Kind ran. "Das 11-jährige Mädchen hat sich schließlich überreden lassen", schildert die Staatsanwältin. Als der ältere Angeklagte zurückkam, griff er zum Handy und filmte mit.
Vor Gericht zeigen sich die Burschen nur teilweise geständig. Man habe ja nicht gewusst, dass die Mädchen so jung sind. Und außerdem habe man sie "verarscht", wie es Rechtsanwalt Franz Pechmann ausdrückt. "Mein Mandant hatte gar keine Drogen." Deshalb seien die Mädchen nach eineinhalb Stunden schließlich gegangen und hätten Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet.
Einweisung wegen Gefährlichkeit
Weder die Aussagen der Mädchen, noch die der Angeklagten bekamen die Zuhörer zu hören. Die Öffentlichkeit wurde ausgeschlossen. Ein Urteil fiel schließlich am Donnerstag in den Abendstunden.
Der jüngere Beschuldigte wurde wegen entgeltlichen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, Herstellung von pornografischen Darstellungen mit Minderjährigen und nun auch wegen Drogenhandels zu sechs Monaten Haft, davon zwei Monate unbedingt, verurteilt. Zudem muss der 17-Jährige Bewährungshilfe und eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen. Er muss den Mädchen insgesamt 700 Euro Schmerzengeld zahlen. Er nahm die Strafe bereits an.
Der ältere Angeklagte bekam wegen den gleichen Delikten und zusätzlich wegen schweren sexuellen Missbrauchs drei Jahre Haft. Er wird aufgrund seiner Gefährlichkeit, die ihm der Gerichtspsychiater Peter Hofmann in seinem Gutachten bescheinigte, auch in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Seine Mutter musste aufgrund von Übergriffen sogar ins Frauenhaus flüchten.
Offene Haftstrafen
Die Jugendgerichtshilfe riet dann zu einer engmaschigen Betreuung, da er weder einer Arbeit nachging, noch frühere Auflagen befolgte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, der 19-Jährige meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen die Strafhöhe an. Er muss den Mädchen insgesamt 1.800 Schmerzengeld zahlen.
Beiden Burschen hatte noch offene Haftstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt waren. Diese wurden vom Gericht nicht widerrufen, sondern die Bewährungsfrist verlängert. Die Beschuldigten zeigten sich nur teilweise schuldig. Die Angeklagten stehen im Gegensatz zu den Zeugen nicht unter Wahrheitspflicht.
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