Am 14. Juli 1923 öffnete das höchstgelegene Sommerbad der Stadt an den Hängen des Cobenzl im 19. Bezirk erstmals seine Tore. Und bot schon damals seinen Besuchern den unvergleichlichen Panoramablick auf die Stadt, wohl das wichtigste Alleinstellungsmerkmal des Krapfenwaldlbads.
Als dann 1935 noch die Höhenstraße fast direkt am Bad vorbeigeführt wurde, nahm der sommerliche Besucheransturm aus der Stadt noch zu. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde das Krapfenwaldl 1952 nach einer Erweiterung wiedereröffnet.
Oben ohne im Wäldchen
Aber bereits im Biedermeier wusste man – damals noch ohne Schwimmbad – die Schönheit des Ortes zu schätzen. So steht in einem Reiseführer aus dem Jahr 1835 geschrieben: „Das Krapfenwäldchen ist ein überraschend anmuthiges Plätzchen. Eine schöne Wiese zieht sich hier ins Thal hinab, von Buschwerk und Pappelgruppen eingefaßt, unter denen Tische und Bänke dem Müden entgegenwinken.
Links bedeckt ein Hain von Eichen und Föhren den Gipfel des Hügels, an dessen Fuße das Wirtshaus, die sogenannte Krapfenhütte, liegt.“ Dieses Gasthaus gehört mittlerweile zum Bad. Und die Föhren spenden noch heute jenen, die nicht gerne in der Sonne braten, ein angenehmes Schattenplätzchen auf der Schwimmbadwiese.
Richtiggehend progressiv war man im „Krawa“ übrigens schon Ende der 1970er-Jahre unterwegs: Es war das erste Wiener Freibad, das sich als Oben-ohne-Bad deklarierte. Als dann Anfang der 1980er andere Freibäder, darunter das Gänsehäufel, nachzogen, inspirierte das den damals am Anfang seiner Karriere stehenden Reinhard Fendrich zum österreichischen Sommerhit des Jahres 1982: „Oben ohne“.
Mit Textzeilen wie „Ja man muss sich entrüsten, wenn sie sich so erbrüsten“ fing er den Keppelfaktor des Wiener Naturells gut ein, für das auch nackte Brüste im Sonnenschein ein Grund zur Beschwerde sein können.
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Das Herzblatt aus dem "Krawa"
Das Krapfenwaldlbad – dessen zweites l im Wiener Sprachgebrauch ein stummes ist – wurde in den 90er-Jahren auch jenseits der österreichischen Grenzen bekannt. Zu verdanken ist das „Georg aus Wien“ – und wiederum Reinhard Fendrich. Letzterer moderierte damals die beliebte TV-Sendung „Herzblatt“.
Zwischen dem als Wiener neben den zwei deutschen Mit-Kandidaten beinahe exotisch wirkenden Georg und Fendrich entspann sich ein bis heute legendärer Dialog in schönstem Wienerisch: „Ich studier’ so vor mich hin“ – „Derf i rodn? Betriebswirtschaft“ – „Genau“ – „19. Bezirk, richtig? Sommer: Krapfenwaldlbad“ – „Immer!“ Zum Herzblatt wurde Georg damit zwar leider nicht – das Video zirkuliert aber bis heute auf Social Media.
Das Bad für Poser?
Kritische Stimmen meinen, man müsse das Bad in der Menge mögen, um seinen Besuch genießen zu können – schließlich sei die Devise im „Krawa“ „Sehen und gesehen werden“. Zu Wasser, am Beckenrand und beim Liegen und Flanieren auf der Wiese werde um die Wette posiert, Selfies geschossen und diese sogleich auf Instagram gepostet.
Die Kulisse hier oben ist schließlich mehr als insta-tauglich. Umso besser also, dass man den Blick statt auf geflexte Muskeln alternativ auch auf die spektakuläre Aussicht richten kann. Und wenn das auch nichts hilft: In Wien findet sich für jeden das passende Freibad.
Für alle, die mit dem „Krawa“ aber seit jeher lange Sommertage, Sonnenuntergänge am Beckenrand oder Spritzer und Pommes im Schatten alter Föhren verbinden, ist die Jubiläumsfeier aber wohl ein Pflichttermin: Am 15. Juli gibt es Livekonzerte, unter anderem von „5 Achterl in Ehren“. Für Kinder unter sechs Jahren ist der Eintritt frei, alle anderen bezahlen nur einen Euro.
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