Vor zehn Jahren, das war eine andere Zeit. Facebook war irgendwie gerade erst erfunden. Es gab praktisch keine Möglichkeit für Jungdesigner, ihre Stücke unters Volk zu bringen.
Und Foodtrucks gab es schon gar nicht. Deshalb ist der Bitzinger mit seinen Würsteln gekommen.
Damals, vor zehn Jahren, fand der erste Feschmarkt in Wien statt – in der Ottakringer Brauerei im 16. Bezirk. Am Freitag startet der Mode- und Designmarkt in sein Jubiläumsjahr – in einer etwas anderer Form, als man das sonst gewöhnt ist.
Aber die Geschichte des Feschmarkts und wie er zu dem geworden ist, was er ist, das ist auch eine andere, als man es gewöhnt ist.
Es war im Jahr 2009, als sich Barbara Daxböck (heute 38) und Katrin Hofmann (am Sonntag 38) kennengelernt haben. An der Tür zur sogenannten "alten Technik" in der Ottakringer Brauerei.
Die "alte Technik" ist tatsächlich jener Raum, in dem sich früher die technischen Gerätschaften der Brauerei befunden haben. Und in dem seit zehn Jahren der Feschmarkt stattfindet.
Als Daxböck und Hofmann an die Tür erstmals aufeinandertrafen, arbeitete Daxböck in der Eventabteilung von Ottakringer. Hofmann hat den Wien-Stadtführer "Loops" geschrieben und wollte ins Geschäft mit Ottakringer kommen.
Auf ein Pfiffchen
Nach getaner Arbeit lud Daxböck Hofmann auf "ein Pfiffchen" (es war erst Vormittag) in den Gerstenboden ein. Dann führte eines zum anderen: Die beiden gingen aus (wieder und wieder), bis Katrin Hofmann irgendwann von einem New-York-Urlaub zurückkam und Barbara Daxböck von den unzähligen Fashion- und Designmärkten erzählte.
"Und so etwas gibt’s in Wien nicht?", wollte Daxböck wissen. Gab es nicht. "Dann haben wir das einfach gemacht."
Hofmann schrieb ein eher nur mittelmäßig ausgereiftes Konzept auf einer Seite in Word, Daxböck druckte es aus und legte es ihrem Chef bei Ottakringer vor: "Na macht’s halt eichan Flohmarkt" – soll er gesagt haben.
Dieser „Flohmarkt“ war der erste Kunst-, Mode- und Designmarkt in Wien (im ersten Jahr noch unter anderem Namen) und fand an einem Sonntag im November 2010 statt.
Es gab 30 Aussteller, die genannten Würstel vom Bitzinger und Kuchen, den die Freunde der zwei Frauen gebacken haben. Um 16 Uhr war alles ausverkauft. "Da haben wir gewusst: Es liegt was in der Luft", sagt Daxböck.
Nach dem dritten Feschmarkt (der seit dem zweiten dann auch so hieß) haben sie ihre Jobs gekündigt und sich selbstständig gemacht.
Seitdem gibt es in jedem Jahr zwei Feschmärkte, einen im Frühling, einen im Herbst (oder Winter). Und immer mit einem Motto: "Ich bin voll/ur/total fesch" war das erste, "Dolce fesch niente" lautet das aktuelle. "Passend zu diesem plötzlichen Italien-Wahnsinn in Wien", sagt Daxböck.
Die zugehörigen Jutesackerln (die man bei den Märkten kaufen kann) haben so etwas wie Kultstatus in Wien erreicht. Der Markt selbst auch: Die Menschen zahlen sogar Eintritt dafür, um dort einkaufen zu können.
Auf ein Original
Bis zu 230 Kreative stellen bei einem Feschmarkt ihre Produkte aus – Mode, Kunst, Keramik, Handwerk. Nach jedem Markt wird die Hälfte der Aussteller getauscht, um auch anderen Gründern die Möglichkeit für etwas breitere Öffentlichkeit zu geben.
Mittlerweile gibt es den Feschmarkt auch in Graz, Linz und Vorarlberg.
In Wien hat er zahlreiche Nachahmer gefunden. Das Konzept war überall ähnlich: Mode, Kunst, Schmuck, Keramik. Und immer dabei: ein bisschen was zum Essen. Und Trinken.
"Am Anfang hab’ ich mir schon gedacht: Könnts ihr euch nicht was Eigenes überlegen?", erzählt Hofmann. Jetzt sieht sie das lockerer, weil Konkurrenz auch irgendwie befruchte. Aber: "Wir sind das Original", das muss man schon sagen.
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