Zittern um Freilassung der Geisel
Zwei Tage nach der Veröffentlichung des Erpresser-Videos, das den im Jemen entführten Dominik N. zeigt, eskaliert die Situation vor Ort. In der Provinz Baidha, wo der Entführte vermutet wird, wurde der Sicherheitschef erschossen. In zwei Tagen läuft das Ultimatum der Entführer ab. Der Rückzug der mutmaßlichen Entführer aus einer besetzten Stadt und die Freilassung von Kämpfern durch die Regierung werden aber als Indiz gewertet, dass in die Geiselaffäre Bewegung gekommen ist.
In dem bedrückenden Video bittet Dominik N. mit Tränen in den Augen um die rasche Erfüllung der Forderungen der Entführer. Damit bleiben den Behörden nur noch zwei Tage Zeit. Denn das Ultimatum der Entführer läuft am Donnerstag ab. Welche Forderungen das sind, bleibt unbekannt. In Österreich tagt der Krisenstab, und die vom Außenministerium verhängte Nachrichtensperre wird rigoros eingehalten.
Klar kommuniziert wird nur eine Reisewarnung auf höchster Stufe: „Allen ÖsterreicherInnen wird umgehend die Ausreise aus dem Jemen dringend empfohlen!“ Laut Außenamtssprecher Martin Weiss betrifft das nur „eine Handvoll“ Österreicher.
In den vergangenen Jahren kam es in den Provinzen Shabwa und Marib wiederholt zu Entführungen von Ausländern, darunter in einem Fall auch Österreicher. Diese Entführungen wurden von regionalen Stämmen durchgeführt. Deren Ziel war es bisher, von der jemenitischen Regierung Gegenleistungen zu erpressen. Dabei ging es meist um völlig unpolitische Forderungen, wie die Freilassung von inhaftierten Stammesmitgliedern. Alle Geiseln kamen unversehrt wieder frei.
Im Fall des Wiener Studenten, der im Dezember gemeinsam mit zwei Finnen im Zentrum der Hauptstadt Sanaa verschleppt worden war, dürfte der Fall ursprünglich ähnlich gelegen haben.
El-Kaida-Profis
Jemenitische Quellen vermuteten die Entführer bei einem weitgehend harmlosen Stamm 80 Kilometer außerhalb der Hauptstadt. Die mit dem Kidnapping-Geschäft wenig vertrauten Entführer hätten ihre Geiseln aber an die „Profis“ der regionalen El Kaida weitergereicht.
Dabei handelt es sich um Aufständische, die sich im Süden des Landes Scharmützel mit der Regierung liefern. Mit der Besetzung der Stadt Rada, nur 130 Kilometer südlich von Sanaa, sind sie aber der Regierung bereits gefährlich nahe gerückt. Und mit den drei europäischen Geiseln – so wird vermutet – hätten sie schließlich wochenlange Militäroperationen des Regimes herausgefordert, mit dem Ziel, die Rebellen zu vertreiben und die Europäer zu befreien.
Abzug
Dienstag kam die Meldung, dass die etwa 1000 Aufständischen aus Rada abziehen würden. Denn in dreitägigen Verhandlungen hätte sie der örtliche Scheich Hashed Fadhl al-Qawsi dazu überreden können. Dafür habe die Regierung 15 inhaftierte Clan-Mitglieder freigelassen, darunter auch den Bruder des El-Kaida-Chefs. Ob das schon Vorleistungen für die Freilassung der Europäer waren, ist derzeit unbekannt. Die Kämpfer haben sich 30 Kilometer südlich nach al-Mazah zurückgezogen.
Von Frieden ist derzeit aber keine Rede. Montag kam die Meldung, dass der Sicherheitschef der umkämpften Provinz Baidha, Abdulwali Saleh Al-Nihmi, und sein Leibwächter von Attentätern erschossen wurden.
Kommentare