Behörden wussten von Londoner Sklavinnen

Polizisten vor dem Haus in Brixton, wo sich die Tragödie abspielte.
Das Sozialamt war über Probleme in dem Haushalt informiert, konnte aber nicht eingreifen.

Seit Jahrzehnten wussten die Behörden über die „Sklaven-Familie“ in London Bescheid – das örtliche Sozialamt war offenbar schon lange über die Missstände in dem betreffenden Haushalt informiert. Die Behörden konnten jedoch nicht eingreifen, weil die völlig eingeschüchterten Opfer nicht zu Aussagen bereit waren. Dies berichtet die Zeitung The Observer.

Laut Zeugen soll es in dem Haushalt zu regelrechten Gewaltexplosionen gekommen sein. Auch über einen früheren Fluchtversuch wurde berichtet: Demnach hat mindestens eines der Opfer versucht, aus dem Haus zu entkommen, was den Behörden bekannt war. Die „kultartige“ Beziehung zwischen den drei Frauen und ihren mutmaßlichen Peinigern – einem Ehepaar – habe ein Einschreiten aber unmöglich gemacht, zitiert The Observer eine Quelle bei den Behörden.

„Kommune“

Der Fall von moderner Sklaverei in Brixton im Süden von London sorgt weltweit für Entsetzen. Ein Ehepaar im Alter von 67 Jahren soll drei Frauen mehr als 30 Jahre lang als Sklavinnen gehalten haben. Ausgangspunkt war laut Polizei eine „Kommune“ mit gemeinsamer politischer Ideologie. Das Ehepaar soll über die drei Frauen im Alter von 30, 57 und 69 Jahren emotionale Macht ausgeübt und ihnen Gehirnwäschen verpasst haben. Die Täter sollen ihre Opfer mit Schlägen gefügig gemacht haben, wie Chefermittler Steve Rodhouse es beschrieb. Aus der „Kommune“ soll sich die Gemeinschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt in eine Art Sklavenhaltung verwandelt haben. „Wir glauben, dass körperlicher und seelischer Missbrauch für alle drei Opfer zutrifft“, sagte Rodhouse.

Die beiden Tatverdächtigen stammen aus Indien und Tansania; sie kamen in den 1960er-Jahren nach Großbritannien. 1970 wurden sie bereits einmal festgenommen. Die Polizei machte keine Angaben über die Hintergründe des damaligen Falls. Das Paar war am Donnerstag festgenommen worden, einen Tag später aber wieder gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden.

Bei den Opfern handelt es sich um eine 69-jährige Malaysierin, eine 57-jährige Irin und eine 30-jährige Britin. Die Geburtsurkunde der 30-Jährigen ist das einzige offizielle Dokument, das bisher gefunden werden konnte.

Die Frau könnte die Tochter der 57 Jahre alten Irin und des Tatverdächtigen sein. Sie hat vermutlich ihr gesamtes Leben in Gefangenschaft verbracht. Sie erhielt keine geregelte Schulbildung, sei aber des Lesens und Schreibens mächtig, heißt es bei den Ermittlern, die die Frau als „intelligent“ beschreiben.

„Nicht bombardieren“

Die Ermittlungen sind laut Polizei schwierig und kompliziert. Die Befragung der völlig traumatisierten Opfer brauche Zeit. Das Tempo müssten die Opfer bestimmen. „Man kann sie jetzt nicht bombardieren“, sagte Aneeta Prem von der Hilfsorganisation „Freedom Charity“, die maßgeblich an der Befreiung der Frauen am 25. Oktober mitgewirkt hatte.

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