Hamburg: Attentäter war Behörden als Islamist bekannt

Am Tatort in Hamburg
Die bei dem Angriff verletzten Personen sind nicht mehr in Lebensgefahr. Mitbewohner beschreiben den mutmaßlichen Attentäter als "verrückt" und als Außenseiter.

Der mutmaßliche Messer-Angreifer von Hamburg war ein abgelehnter palästinensischer Asylbewerber und hätte demnächst ausreisen sollen. Ahmad A. sei ausreisepflichtig gewesen und habe sich im Ausreiseverfahren befunden, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Samstag. Der Mann habe gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren mitgewirkt.

Noch am Freitag habe sich der Mann bei der Ausländerbehörde erkundigt, ob seine Passersatzpapiere eingetroffen seien. „Es war damit zu rechnen, dass diese Papiere demnächst eintreffen würden“, sagte Grote. Der 26-Jährige sei auch willens gewesen auszureisen. Polizeipräsident Ralf Meyer sagte, der Mann sei in dieser Hinsicht eine „fast vorbildhafte Person“ gewesen.

Der Mann ist den Sicherheitsbehörden als Islamist bekannt gewesen. Es habe Anzeichen für eine Radikalisierung gegeben, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote ( SPD) am Samstag. Der Mann sei als Islamist in die entsprechenden Dateien aufgenommen worden, nicht aber als Dschihadist. Man sei nicht zu der „Einschätzung einer unmittelbaren Gefährlichkeit“ gelangt.

Mitbewohner beschreiben ihn als "verrückt"

Mitbewohner des mutmaßlichen Täters zeigten sich nach der Tat schockiert. Sie beschrieben den 26-Jährigen, der in einer Container-Unterkunft für Flüchtlinge wohnte, als Außenseiter. Ein 33 Jahre alter syrischer Nachbar berichtete am Samstag, der mutmaßliche Täter habe oft „Allahu Akbar“ über den Flur gerufen. Er beschrieb ihn als „verrückt“, Freunde habe er in der Unterkunft nicht gehabt. Die Bewohner hätten ihn nur ab und zu in der Gemeinschaftsküche gesehen. Er habe viel Alkohol getrunken, Haschisch geraucht und Kokain konsumiert. Früher spielte er demnach oft noch Fußball mit den anderen Bewohnern - in letzter Zeit habe er sein Zimmer aber kaum noch verlassen, erzählt sein Nachbar weiter.

Der Mann habe viel gebetet, auch in eine Moschee sei er gegangen. Welches Gebetshaus das war, wusste der Nachbar nicht. Die Menschen in der Unterkunft erzählten sich, der mutmaßliche Täter von Barmbek sei in Syrien aufgewachsen. Er selbst gab an, Palästinenser zu sein. Ein anderer Nachbar sagte: „Wer so was macht, ist krank. Das ist schwer für die Leute hier.“ Der zweifache Familienvater hat Angst, dass Asylsuchende nach der Attacke unter Generalverdacht gestellt werden. „Die Frage ist, warum jemand so was macht. Ich bin nach Deutschland gekommen für eine neue Zukunft. Das verstehe ich nicht.“

Bei dem Mann gebe es einerseits Hinweise auf religiöse Beweggründe und islamistische Motive, andererseits auch auf eine „psychische Labilität“. Die Polizei gehe beim Tatmotiv von einer Gemengelage aus und wisse noch nicht, was letztlich den Ausschlag für den Messerangriff gegeben habe.
„Solchen Anschlägen in dieser Begehungsform wohnt immer ein hohes Maß an Unberechenbarkeit inne, weil es eine in gewisser Weise willkürliche Tat ist - mit primitivsten Mitteln, an einem fast beliebigen Ort ausgeführt“, sagte Grote.

Keine Hinweise auf Netzwerk

Derzeit gebe es keine Hinweise auf Hintermänner oder eine Einbindung des Täters in ein Netzwerk. Hierzu seien aber weitere Ermittlungen nötig. „Wir gehen im Moment von einem Einzeltäter, einem zumindest psychisch labilen Einzeltäter aus.“ Es müsse nun aber geprüft werden, ob die Sicherheitsbehörden allen Hinweisen immer in angemessener Weise nachgegangen seien.

Der Mann hatte am Freitag im Stadtteil Barmbek unvermittelt auf Menschen eingestochen. Ein 50-Jähriger starb. Laut Grote gab es sieben weitere Opfer, die zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden. Alle Verletzten seien inzwischen aber außer Lebensgefahr.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Betroffenen des Messerangriffs in Hamburg ihr Mitgefühl übermittelt. Sie trauere um das Todesopfer der "grausamen Attacke", erklärte Merkel am Samstag. Den Verletzten wünschte sie rasche Genesung.

"Die Gewalttat muss und wird aufgeklärt werden", versprach die Kanzlerin. Sie stehe in ständigem Kontakt mit dem deutschen Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), erklärte Merkel.

Kommentare