Zu weiße Gipsskulpturen lösen Rassismus-Debatte aus

Zu weiße Gipsskulpturen lösen Rassismus-Debatte aus
Die Universität Cambridge löst mit einem Aktionsplan Verwunderung in Großbritannien aus. Die Statuen sorgen für einen "irreführenden Eindruck von Weißheit".

Das Museum für Klassische Archäologie der Universität Cambridge will noch heuer zur Diskussion über Statuen und Rassismus in Großbritannien beitragen. Dass es aber erklären will, warum Gipsabgüsse weiß sind, sorgt schon jetzt für Debatten.

Denn die etwa 600 Abgüsse von antiken Skulpturen, die es in einer der größten Sammlungen dieser Art zur Schau stellt, geben „einen irreführenden Eindruck von Weißheit und Abwesenheit von Vielfalt in der griechischen und römischen Welt“, wird in einem Aktionsplan der zuständigen Fakultät für Klassische Philologie erklärt. Man wolle aber „dieses Problem in eine Chance umwandeln“.

Welche Erklärungen die Schilder genau beinhalten werden, ist noch nicht bekannt, aber das Museum hofft, „auf die Vielfalt der Abgebildeten“ und „die Rolle klassischer Bildhauerei in der Geschichte des Rassismus“ hinzuweisen.

Geht man zu weit?

Nicht alle sind von der Idee begeistert. Ein ungenannter Akademiker etwa nannte den Plan „erschreckend und komisch zugleich“ und fragte, ob Kollegen vielleicht zu weit gehen. „Es ist so einfach, darüber zu lachen, dass man leicht übersieht, wie außergewöhnlich es ist, wenn eine der besten geisteswissenschaftlichen Fakultäten der westlichen Welt so etwas veröffentlicht.“

Die Schilder sind eine Reaktion auf einen offenen Brief im vergangenen Sommer von Studenten, Absolventen und Angestellten, in dem von der Fakultät „aktive Antirassismus-Arbeit“ gefordert wird. „Studierende sagen, dass schwieriger Stoff nicht immer mit ausreichender Sensibilität vermittelt wird“, gab das Institut kürzlich zu – und gestand ein, dass die Klassik-Lehre manchmal für „Imperialismus, Kolonialismus und institutionellen Rassismus“ eingesetzt worden sei.

Intensiv diskutiert

Man versprach nicht nur Infoschilder im Museum, sondern auch Training für Lehrende zur Erkennung unausgesprochener Vorurteile und zum effektiveren Unterrichten sensibler Themen, sowie eine Überprüfung von Lernmaterialien.

Der Umgang mit Statuen und der Geschichte wird in Großbritannien besonders seit letztem Jahr immer wieder intensiv debattiert. Im Juni 2020 rissen Demonstranten bei einem Marsch gegen Rassismus in Bristol die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston nieder und stießen sie ins Hafenbecken. Manche Kritiker werfen der konservativen Regierung von Boris Johnson vor, Sozial- und Gesellschaftskritik manchmal zu ihren Gunsten einzusetzen. „Die Regierung führt gerne einen Kulturkrieg gegen Klimawandel-Demonstranten, Universitäten und Black Lives Matter“, sagt Politologe Pete Dorey zum KURIER. „Damit versucht sie, Wut, die sich gegen die Regierung richten könnte, auf andere abzulenken.“

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