"Zombie-Droge" Tranq überschwemmt US-Drogenmarkt

"Zombie-Droge" Tranq überschwemmt US-Drogenmarkt
Xylazin ist eigentlich für Tiere gedacht. Bei Menschen verursacht es Fleischwunden. In den USA häufen sich tödliche Überdosierungen - die Behörden schreiten ein.

Wunden, die quer über Unterarme und -beine verlaufen, abgefaultes Körpergewebe, freigelegte Knochen und Sehnen: In den USA überschwemmt ein neues Suchtmittel den Drogenmarkt. Xylazin, das in der Szene Tranq genannt wird, sorgt nicht nur für grausame Nebenwirkungen - auch die Zahl der tödlichen Überdosierungen, bei denen das Mittel nachgewiesen wurde, ist in den letzten Jahren stark gestiegen, wie die US-Gesundheitsbehörde CDC zuletzt berichtete. 

Was ist Xylazin?

Xylazin ist eigentlich als Beruhigungsmittel für Großtiere wie Pferde oder Rinder gedacht. Für Menschen ist die "Zombie-Droge", die Atmung, Blutdruck, Herzfrequenz und Körpertemperatur auf lebensgefährliche Niveaus hinunterfährt, nicht zugelassen. Bei chronischem Konsum verursacht sie Fleischwunden, die teilweise zu Amputationen führen. Das Perfide: Die Wunden entstehen auch an Hautstellen, in die keine Spritze injiziert wurde oder wenn die Droge geschnupft oder geraucht wurde.

➤ Mehr lesen: In Österreich werden mehr Drogen konsumiert

Warum das geschieht, ist unklar. Ein Gegenmittel gibt es - anders als gegen Opioide - nicht. Tranq-Wunden sind zudem extrem schwierig zu behandeln. "Es gibt einen großen Gewebeverlust", erklärt die Toxikologin Jeanmarie Perrone von der Perelman School of Medicine der University of Pennsylvania gegenüber NBC News.  "An der Stelle, an der früher die Haut war, ist ein Krater entstanden, der sich leicht infizieren kann. Infektionen können in den Knochen oder die Blutbahn eindringen."

"Zombie-Droge" Tranq überschwemmt US-Drogenmarkt

Drogenkrise in den USA

Martin (45) ist Heroin-Suchtkranker. Xylazin hat bei ihm Wunden an den Gliedmaßen zugefügt

"Zombie-Droge" Tranq überschwemmt US-Drogenmarkt

Drogenkrise in den USA

Zumeist entstehen die von Tranq ausgelösten Wunden an den Armen und Beinen

Philadelphia ist das Drehkreuz für Xylazin

In Philadelphia, das mittlerweile als Zentrum der Tranq-Epidemie bezeichnet wird, ist Xylazin mittlerweile in mehr als 90 Prozent aller illegalen Drogenfunde zumindest anteilig enthalten. Häufig wird es zu Fentanyl, einem Opioid, das etwa 50 bis 100 Mal stärker ist als Heroin, beigemischt. Auch Heroin und Kokain werden häufig mit Tranq gestreckt. 

"Xylazin macht Fentanyl, die tödlichste Drogengefahr, die unser Land je erlebt hat, noch tödlicher", warnte die US-Drogenbehörde DEA bereits Ende vergangenen Jahres. In 48 von 50 Bundesstaaten wurden Xylazin- und Fentanylmischungen bereits beschlagnahmt. 

Xylazin macht US-Drogenkrise noch grausamer

In den USA sind die Drogentoten zuletzt dramatisch angestiegen. Fentanyl wird nach Angaben des US-amerikanischen National Institute on Drug Abuse für rund 70.600 Todesfälle durch Überdosierung im Jahr 2021 verantwortlich gemacht. Der Anteil der tödlichen Opioid-Überdosierungen, bei denen Xylazin nachgewiesen wurde, stieg zwischen Jänner 2019 und Juni 2022 von 2,9 auf 10,9 Prozent, wie aus den vergangene Woche veröffentlichten Daten der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) hervorgeht.

➤ Mehr lesen: Fünfköpfige Familie dealte offenbar von Wien aus mit Opiumsticks

Ein zweiter CDC-Bericht, der am Freitag veröffentlicht wurde, stellt einen ähnlichen Anstieg der tödlichen Überdosierungen in Verbindung mit Xylazin fest. Demnach ist die Rate der Todesfälle durch Überdosierung mit Xylazin von 0,03 pro 100.000 Menschen im Jahr 2018 auf 1,06 pro 100.000 Menschen im Jahr 2021 gestiegen.

Arzneimittelbehörde kündigt verschärfte Einfuhrkontrollen an

Bereits im Februar verschärften US-Behörden ihren Kampf gegen den illegalen Import von Xylazin. Die US-Arzneimittelbehörde kündigte striktere Einfuhrkontrollen für das Tiermedikament an: "Damit soll verhindert werden, dass das Medikament für illegale Zwecke auf den US-Markt gelangt, während es für den legitimen Einsatz bei Tieren verfügbar bleibt." FDA-Agenten sollen unter anderem verdächtige Lieferungen beschlagnahmen können. Am 12. April wurde Xylazin als "neue Bedrohung" in den USA eingestuft. 

Auch im heurigen Bericht der EU-Drogenbeaobachtungsstelle wird Xylazin bereits erwähnt. Die Droge wurde bereits in Europa nachgewiesen. Wie verbreitet sie ist, lässt sich jedoch nur schwer einschätzen.

Kommentare