Verschleppt und eingesperrt: Das Schicksal arabischer Prinzessinnen
Latifa al-Maktum, Shamsa al-Maktum, Haya bint al-Hussein und Basma bint Saud haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind arabische Prinzessinnen, hineingeboren in mächtige Herrscherclans – und sie träumten von einem selbstbestimmten Leben. Für drei der vier Frauen endete der Traum in einem Martyrium; sie wurden gefangen genommen und verschwanden von der Bildfläche, eine von ihnen vor mehr als 20 Jahren.
Einzig Haya bint al-Hussein, jordanische Königstochter und Ehefrau des Emirs von Dubai, schaffte es, sich von ihren Fesseln zu befreien. Die heute 46-Jährige floh 2019 vor ihrem Mann, den sie als Tyrannen bezeichnet, und lebt nun mit ihren Kindern in Großbritannien.
Eingeschmuggeltes Handy
Derzeit sorgt das Schicksal einer weiteren Frau aus der Familie des Emirs, der das schillernde Dubai gern als modern und weltoffen präsentiert, für Aufsehen. Die 35-jährige Latifa, eines der bis zu 30 Kinder von Scheich Mohammed bin Rashid al-Maktum, war 2018 mit Hilfe ihrer Freundin, der Finnin Tiina Jauhiainen, per Jetski und Segelboot Richtung Indien geflohen; sie wollte später in den USA um Asyl ansuchen.
Nach einigen Tagen enterte ein Einsatzkommando des Vaters das Boot, betäubte die junge Frau und brachte sie nach Dubai zurück.
Dort wird sie seither in einer Villa nahe des bekannten Hochhauses Burj Khalifa festgehalten. Mittels eingeschmuggeltem Handy hielt Latifa einige Zeit Kontakt mit Jauhiainen und anderen Unterstützern.
"Nie wieder frei"
Da dieser Kontakt vor einem halben Jahr abbrach, entschieden die Freunde jüngst, die Videonachrichten der Prinzessin zu veröffentlichen, um Druck auf Scheich Mohammed aufzubauen. In den Aufnahmen berichtet die sichtlich gezeichnete Latifa, wie sie rund um die Uhr von sieben Polizisten bewacht werde. Der einzige Ort im Haus, an den sie sich zurückziehen könne, sei das Badezimmer, wo auch die Aufnahmen entstanden. Man habe ihr gesagt, so Latifa, sie werde nie wieder freikommen.
Alle Forderungen der UNO, enger Verbündeter wie Großbritannien und anderer Staaten, ein Lebenszeichen von Latifa zu übermitteln, wurden bisher von Dubai ignoriert. Die junge Frau werde liebevoll von der Familie betreut, heißt es seit Jahren. Sie sei 2018 nicht gefangen genommen, sondern gerettet worden – immerhin leide sie an einer bipolaren Störung.
Mit Medikamenten ruhig gestellt
Dass Latifa fliehen wollte, hing eng mit ihrer älteren Schwester Shamsa zusammen, der ebenfalls eine psychische Erkrankung zugeschrieben wurde. Die damals 18-Jährige war im Jahr 2000 von einer der vielen Ländereien, die der Emir in Großbritannien besitzt, geflohen. Zwei Monate später wurde sie in Cambridge verschleppt und nach Dubai zurückgebracht.
Öffentlich aufgetreten ist sie nie mehr, einige Menschen, die sie sahen, berichteten von einer schwer traumatisierten, durch Medikamente ruhig gestellten Frau. Auch Latifa, die die britische Polizei in einem ebenfalls jetzt veröffentlichten Schreiben auffordert, den Fall neuerlich aufzurollen.
Tatsächlich ist das bereits zweimal passiert, die Ermittlungen verliefen allerdings im Sand, die Causa Shamsa gilt als politisch heikel. 2020 hielt das britische Höchstgericht im Rahmen des Rechtsstreits zwischen Scheich Mohammed und der geflohenen Prinzessin Haya zwar fest, dass der Emir Shamsa und Latifa gegen deren Willen verschleppen ließ und seither gefangen hält. Folgen hatte das aber keine.
Hoffen auf Intervention
Großbritannien ist auch im Fall der saudi-arabischen Prinzessin Basma bint Saud involviert. Die 56-jährige Menschenrechtsanwältin und Tochter des früheren Königs Saud, die als Kritikerin von Kronzprinz Mohammed bin Salman gilt, wurde 2019 mit ihrer Tochter von acht Bewaffneten verschleppt, als sie für eine medizinische Behandlung in die Schweiz fliegen wollte.
Seither befinden sich die beiden im berüchtigten Gefängnis Al Hai’r, in dem Tausende politische Gefangene festgehalten und auch gefoltert werden.
Basmas Unterstützter haben die britische Regierung aufgefordert, beim saudischen Königshaus für eine Freilassung Basmas einzutreten. Immerhin sei die herzkranke Frau seit 2015 auch Staatsbürgerin der Insel Dominica, die zum Commonwealth gehört.
Ob London tätig wird, dürfte auch Latifa und Shamsa interessieren.
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