Verhafteter Mafia-Boss: So fand die Polizei Messina Denaro
„Sie wissen, wer ich bin. Ich bin Matteo Messina Denaro.“ Mit diesen Worten endete am Montag die jahrzehntelange Flucht des meistgesuchten italienischen Mafia-Bosses. Der Chef der sizilianischen Cosa Nostra war auf dem Weg in ein Cafe in Palermo, als ihn ein bewaffneter Polizist ansprach und nach seinem Namen fragte.
In diesem Moment erkannte der 60-Jährige wohl, dass er sich geschlagen geben müsse; er konnte ohne Handschellen abgeführt werden.
Identität "geliehen"
Nach und nach dringen nun die Details der aufwendigen Fahndung nach dem Mann an die Öffentlichkeit, größtenteils durch die Polizei selbst. Ausschlaggebend für die Ergreifung des Mafia-Paten, der für mehr als 50 Morde, Drogenhandel und Geldwäsche verantwortlich gemacht wird, war demnach seine Krebs-Erkrankung.
Messina Denaro sei nicht verraten worden, dementierte die Polizei entsprechende Gerüchte. Vielmehr habe klassische Polizeiarbeit zum Erfolg geführt.
Über 10 Jahre lang habe man jeden, der unter Verdacht stand, Messina Denaro zu schützen oder unterstützen, überprüft, sagte der Kriminologe Mitja Gialuz bei einer Pressekonferenz. Mehr als 100 Personen seien verhaftet worden, was das Netzwerk des Flüchtigen geschwächt habe.
Telefonate und PCs überwacht
Zudem habe man die Wohnungen seiner Familie abgehört – was den Verwandten offenbar bewusst war, weil sie es vermieden, Namen zu nennen. Sie sprachen allerdings immer wieder über „an Krebs erkrankte Menschen“ oder googelten Behandlungsmethoden, was zu Gerüchten passte, Messina Denaro sei schwer krank.
Der 60-Jährige versteckte sich in einem Gebäude nahe der sizilianischen Stadt Trapani
Wie lange er sich schon dort aufhielt, wurde zunächst nicht bekannt gegeben
Der Eingang zur Villa, in der Luxusartikel gefunden wurden
Messina Denaro bei seiner Verhaftung am Montag
Die Polizei hatte 30 Jahre lang nach ihm gesucht und mithilfe von Fotos aus den frühen 90er-Jahren Fahndungsbilder erstellt
Diese zeigten Messina Denaro auch in möglichen Verkleidungen
Daher überprüfte die Polizei alle an Krebs erkrankten Männer, die um 1962 geboren wurden – bis sie auf einen Andrea Bonafede stießen. Dieser wurden laut den Akten einer Privatklinik in Palermo 2020 und 2021 am Darm operiert.
Verdächtig war, dass sich Bonafede zu diesen Zeitpunkten gar nicht in Palermo aufhielt, was die Auswertung von Handydaten ergab.
"Es war der Mann"
Als für Bonafede am Montag ein Chemotherapie-Termin anstand, umstellte die Polizei das Spital. Als der Patient vor dem Gebäude auftauchte, sei sofort klar gewesen, um wen es sich handelte, erzählte ein Mitglied der Einsatzkräfte: „Es war der Mann aus den Fotos, die ich so oft gesehen hatte.“
Die Behörden verfügten zwar nur über einige wenige Aufnahmen aus den frühen 90er-Jahren, diese wurden aber von einer Software „gealtert“ – und das erstaunlich akkurat.
Damenbesuch
Versteckt hielt sich Messina Denaro zuletzt in der Gemeinde Campobello di Mazara in seiner sizilianischen Heimat. Strohmann für den Kauf seiner Wohnung war sein Jugendfreund Andrea Bonafede, der dem Mafia-Boss auch seine Identität samt Ausweispapieren und Gesundheitskarte „lieh“.
In der Wohnung fand die Polizei neben allerhand Luxusgegenständen Viagra-Pillen und Kondome. Messina Denaro, der immer schon als Frauenheld gegolten hatte, empfing offenbar auch auf der Flucht regelmäßig Damenbesuch.
In Campobello di Mazara, das wie Palermo eine Mafia-Hochburg ist, bewegte er sich Medien zufolge wie jeder andere Bewohner auch – erkannt will ihn freilich niemand haben.
Derzeit befindet sich Messina Denaro in einem Hochsicherheitsgefängnis in den Abruzzen. Die Ermittler hoffen, dass er sich angesichts seiner schweren Erkrankung als Kronzeuge zur Verfügung stellt, um sich die Haft zu erleichtern. Von Interesse sind vor allem seine Verbindungen zur kalabrischen ’Ndrangheta und deren Kokain-Geschäfte.
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