Über 200 Erkrankte: Chinas Reisesaison im Zeichen des Virus-Alarms

Über 200 Erkrankte: Chinas Reisesaison im Zeichen des Virus-Alarms
Hunderte Millionen Menschen verreisen zum chinesischen Neujahrsfest. Mundschutzmasken sind vielerorts bereits ausverkauft.

Eingepackt in dicke Winterbekleidung und mit Mundschutz versehen - so ausgestattet starten viele Pekinger diesmal in die traditionelle Reisezeit rund um das am Freitag beginnende Neujahrsfest.

Am Pekinger Westbahnhof trägt etwa die Hälfte der Reisenden einen Mundschutz. Grund für die ungewöhnlich hohe Zahl ist der Ausbruch einer bisher unbekannten Lungenkrankheit in der Provinzstadt Wuhan.

Die 28-jährige Tan Jie hofft, sich auf diese Weise gegen das Coronavirus zu schützen. "Meine Kollegen in Peking scherzten und sagten: 'Wenn Du wieder zur Arbeit kommst, müssen wir dich für zwei Wochen unter Quarantäne stellen'", sagt Tan vor Antritt der fünfeinhalbstündigen Bahnreise in ihre Heimatstadt Wuhan.

Erste Fälle auch in Südkorea

Die Behörden haben bisher mehr als 200 Fälle gemeldet. Die Krankheit breitet sich seit Ende Dezember aus: Erstmals wurden jetzt Fälle außerhalb von Wuhan gemeldet, in Peking und Shenzen, ebenso in Südkorea.

Das neue Virus stammt aus derselben großen Familie von Coronaviren, zu der auch das Schwere Akute Atemwegssyndrom (SARS) gehört, an dem weltweit fast 800 Menschen während eines ebenfalls in China begonnenen Ausbruchs 2002/03 starben. Die Sorge ist nun, dass sich das neue Virus noch deutlich stärker ausbreiten könnte, gehen doch zum Neujahrsfest Hunderte Millionen Chinesen auf Reisen.

Über 200 Erkrankte: Chinas Reisesaison im Zeichen des Virus-Alarms

Vor dem Neujahrsfest am kommenden Samstag verreisen traditionell Hunderte Millionen Chinesen.

Liao Guang und ihr Ehemann aus Peking freuen sich schon auf das Wiedersehen mit ihrem zweijährigen Kind, das getrennt von ihnen in Yichang lebt, einer Stadt in derselben Provinz wie Wuhan. Sie beeilten sich, vor der Reise noch Atemschutzmasken zu kaufen.Alarmiert wurden sie durch Berichte in sozialen Medien, wonach sich die Zahl der bestätigten Fälle am Wochenende verdreifacht haben soll.

"Das beherrschende Thema ist die Lungenentzündung. Also dachte ich, wir sollten eine Maske kaufen und damit eine Art Präventivmaßnahme ergreifen", sagt Liao, ein 26-Jähriger, der einen Rollkoffer hinter sich herzieht.

Über 200 Erkrankte: Chinas Reisesaison im Zeichen des Virus-Alarms

"Ich denke, dass wir während dieses Urlaubs nicht allzu viel ausgehen und wahrscheinlich auch nicht an Orte mit vielen Leuten gehen werden, wie zum Beispiel ins Kino."

Fieber und Atembeschwerden

Bisher ist über das Virus und seiner Herkunft wenig bekannt. Vieles deutet darauf hin, dass es sich von einem Fischmarkt in Wuhan ausbreitete. Auch die Schwere der Krankheit ist noch unklar, obwohl einige Experten sagen, dass sie weniger tödlich verläuft als das frühere SARS-Virus.

Die typischen Symptome sind Fieber und Atembeschwerden, wie bei vielen anderen Atemwegserkrankungen auch. Ob Atemmasken einen wirksamen Schutz bieten, ist unklar. Für viele Menschen aber sind sie die naheliegendste Vorsichtsmaßnahme.

In Wuhan etwa berichten Drogerien von einem starken Anstieg der Maskenverkäufe. "Heute sind alle Einwegmasken ausverkauft, und ich muss mich auf den Bedarf für morgen vorbereiten", sagt ein Mitarbeiter einer Filiale des Beike Drug Store. "Die Nachfrage ist im Vergleich zur Zeit vor dem Ausbruch der Krankheit um das Zehnfache gestiegen."

Am Pekinger Westbahnhof war die Zahl der Menschen mit Schutzmasken etwa genau so hoch wie die derer, die keine Mundbedeckung hatten. Die Behörden haben erklärt, dass der Ausbruch beherrschbar ist. Sie sicherten zu, die Anstrengungen zu verstärken, um die Ausbreitung zu verhindern. Präsident Xi Jinping versprach einen entschlossenen Kampf gegen das Virus.

Kritik an Behörden

Der Ausbruch sowie Enthüllungen lokalen Behörden über Patienten, die bis zur Bestätigung der Diagnose unter Quarantäne stehen, gehörten am Montag zu den Top-Themen auf Social-Media-Plattformen wie dem chinesischen Twitter-Pendant Weibo.

Einige Nutzer äußerten sich verärgert über den Mangel an klaren Hinweisen der Behörden, welche Vorsichtsmaßnahmen sie ergreifen können. "Ich muss auf Weibo selbst nach allen neuen Entwicklungen suchen - keine Benachrichtigung von Schulen, Firmen oder dem Wohnkomplex, in dem ich lebe", beklagt sich ein Nutzer auf Weibo.

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