Trump-Prozess: Richter ließ Gerichtssaal wegen Zeugen räumen

Donald Trump in einer Verhandlungspause
Im Prozess gegen Trump im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels kam es zum Eklat.

Richter Juan Merchan ließ den Gerichtssaal in Downtown Manhattan vorübergehend räumen, weil er sich von einem Trump-nahen Entlastungszeugen respektlos behandelt fühlte. Dem Richter platzte bei der Befragung von Robert Costello am Montag der Kragen, weil dieser die richterlichen Entscheidungen infrage zu stellen schien.

Der Prozess dreht sich um den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Trump habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar (120.000 Euro) an die Pornodarstellerin Daniels verbessern wollen und den Geldfluss danach falsch verbucht. Obwohl die, von keiner Seite bestrittene, Zahlung selbst nicht illegal war, soll der heute 77-jährige Republikaner bei der Erstattung des Betrages an seinen damaligen persönlichen Anwalt Michael Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu verbergen. Deshalb handle es sich um illegale Wahlkampf-Finanzierung. Trump, der im November erneut US-Präsident werden will, hat auf nicht schuldig plädiert.

Ehemaliger Anwalt soll Trump bestohlen haben

Außerdem hat im Schweigegeldprozess gegen Trump dessen ehemaliger Anwalt Cohen eingestanden, den republikanischen Präsidentschaftskandidaten bestohlen zu haben. Der 57-Jährige sagte am Montag aus, er habe für eine Firma Trumps 50.000 Dollar an ein Technologieunternehmen zahlen sollen. Er habe aber nur 20.000 Dollar gezahlt und den Rest behalten. Insgesamt habe ihm die Trump Organization 100.000 Dollar für die Transaktionen mit dem Energieunternehmen erstattet.

Cohen rechtfertigte sein Vorgehen als eine Art Selbsthilfe. Er sei verärgert gewesen, weil sein Jahresbonus gekürzt worden sei, nachdem er 130.000 Dollar seines eigenen Geldes vorgestreckt hatte, um das Schweigen des Pornostars Stormy Daniels zu erkaufen. Cohen ist der wichtigste Zeuge der Anklage. Sein Geständnis, seinen damaligen Chef bestohlen zu haben, könnte seine Glaubwürdigkeit bei den Geschworenen beschädigen.

Nachdem die Staatsanwaltschaft mit Cohen ihren letzten Zeugen aufgerufen hatte, bat Trumps Verteidigung am Montag Robert Costello zur Befragung. Der einstige rechtliche Berater Cohens sollte die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen untergraben, könnte sich durch sein Verhalten aber eher selbst geschadet haben: Costello antwortete mehrfach auf Fragen, bei denen Merchan zuvor einen Einspruch der Staatsanwaltschaft zugelassen hatte. Der Richter belehrte den Zeugen deshalb, dass dieser in solchen Fällen nicht antworten dürfe.

Verhalten im Gerichtssaal

Kurze Zeit später kommentierte Costello dann einen weiteren stattgegebenen Einspruch vernehmlich mit "Jeesh", übersetzbar etwa mit einem abfälligen "Oh mein Gott". Merchan ließ die Geschworenen in der Folge aus dem Saal bringen und sagte zum Trump-Verbündeten im Zeugenstand: "Ich möchte in meinem Gerichtssaal über den richtigen Anstand sprechen." Er verbitte sich Kommentare zu seinen Entscheidungen. "Sie geben mir keinen Seitenblick und verdrehen nicht die Augen", diktierte Merchan, der den Ruf hat, sich nichts gefallen zu lassen.

Als Costello den Richter dann fortwährend finster und mit rotem Gesicht anschaute, platzte es aus Merchan hörbar verärgert heraus: "Starren Sie mich nieder?" Er ließ daraufhin den Saal räumen mithilfe lauter und schneidender Anweisungen des Personals im Gericht, sodass sogar Trump sich umdrehte und das Geschehen beobachtete. Journalistinnen und Journalisten durften den Saal nach einigen Minuten wieder betreten, die Befragung wurde fortgesetzt.

US-Medien sprachen vom "verrücktesten Moment" des Prozesses. Dabei hielt das Verfahren um eine der polarisierendsten politischen Figuren überhaupt schon vorher einige spektakuläre Momente bereit. Ein Reporter, der quasi täglich über das Verfahren berichtet, bezeichnete den Trump-Prozess als beste Reality-Show aller Zeiten.

Bevorstehender Wahlkampf

Das Verfahren dürfte sich auch auf den gegenwärtigen Wahlkampf auswirken. Die Frage ist bloß: wie stark und zu wessen Vorteil? Trump versucht die Anschuldigungen in einen persönlichen Vorteil umzumünzen und seine Anhängerschaft zu mobilisieren, indem er sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz inszeniert. Amtsinhaber Joe Biden scheint von der Prozessarie gegen seinen Herausforderer bislang nicht erkennbar zu profitieren.

Riesige Aufmerksamkeit erhielt auch die Aussage von Erotikstar Stormy Daniels selbst, die in irritierender Detailfülle von ihrem angeblichen One-Night-Stand mit Trump erzählte: Wie dieser bei einem Abendessen 2006 am Rande eines Golfturniers um sie geworben und ihren Hinweis auf seine Ehefrau Melania damit abgetan habe, dass beide ja nicht einmal im selben Raum schliefen. Melania Trump hatte den schillernden Immobilienmogul im Jahr zuvor geheiratet.

Im Beisein des Beschuldigten schilderte Daniels dann während der immer angespannteren Befragung, dass sie damals in Trumps Hotel-Suite während des Geschlechtsverkehrs an die Decke gestarrt und sich gefragt habe, wie sie dazu komme, Sex mit Donald Trump zu haben. Sie habe alles über sich ergehen lassen, letztlich sei es dann auch schnell vorbei gewesen. Trump habe kein Kondom benutzt. Nach dem Sex habe sie so gezittert, dass sie sich kaum anziehen konnte, schilderte Daniels.

Auch Cohens Aussagen der vergangenen vier Sitzungstage waren denkwürdig. In seinen Einlassungen gegenüber der Staatsanwaltschaft beschrieb er im Detail, wie er über Jahre als Trumps rücksichtsloser "Pitbull" rechtliche Probleme für seinen Boss aus dem Weg räumte, Personen unter Druck setzte, Lügen verbreitete und schließlich öffentliche Berichte über Sexskandale Trumps unterdrückte, damit dieser 2016 die Wahl gegen Hillary Clinton gewinnen und ins Weiße Haus einziehen konnte. Durch den medial eng begleiteten Prozess mit Liveticker-Nachrichten im Minutentakt durchlebt die amerikanische Öffentlichkeit jene spektakuläre Phase im Wahlkampf 2016 dieser Tage erneut.

Donald Trump im Gerichtsprozess

Der Ex-Präsident war am Montagmorgen wie üblich in einem dunkelblauen Anzug vor Gericht erschienen, dazu trug er diesmal eine blaue Krawatte. Nachdem er für die Fotografen, die täglich nur für wenige Minuten vor der Sitzung in den Raum gelassen werden, seinen üblichen grimmigen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte, folgte er der Sitzung zunächst aktiver als an vielen anderen Tagen, an denen er über längere Strecken mit geschlossenen Augen vor dem Richter saß.

Am Montag brachte Trump seine bisher größte Entourage an politischen Unterstützerinnen und Unterstützern mit. Eine der streitbarsten Figuren mag der verurteilte Rocker Chuck Zito sein: Medienberichten zufolge war der 71-Jährige in den 1980er-Jahren ein Mitbegründer der New Yorker Hells Angels, die vom US-Justizministerium als kriminelle Vereinigung eingestuft wurden. Wegen Drogendelikten verbrachte Zito über fünf Jahre im Gefängnis.

Mit seinen Unterstützern im Rücken hatte Trump für den Entlastungszeugen Costello nach dessen Auseinandersetzung mit dem Richter am Montag lobende Worte übrig. Costello sei ein "hoch angesehener Anwalt", Richter Merchan dagegen ein "Tyrann".

Unterdessen ist ein Ende des Prozesses in Sicht. Der Richter sagte, dass er die Schlussplädoyers für Dienstag kommender Woche erwarte. Danach würden die zwölf Geschworenen zur Beratung zusammenkommen und ein Urteil fällen. Offiziell gibt es dafür kein Zeitlimit, für gewöhnlich beraten Jurys aber einige Stunden bis einige Tage.

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