Sprachloser Trump: Sechs Monate ohne Pressekonferenz

Seit März gab es keine „Daily Briefings“ für Journalisten mehr im Weißen Haus. Experten sehen die Pressefreiheit bedroht.

Vor 50 Jahren ließ Richard Nixon das Schwimmbad seines Amtsvorgängers Franklin D. Roosevelt im Weißen Haus samt Sauna zu einem Raum umbauen, der die Welt nicht selten zum Schwitzen bringen sollte.

Im „James Brady Briefing Room“ traten zwei- bis dreimal wöchentlich die US-Regierungssprecher um die Mittagszeit zum zivilisierten Stellungskrieg mit dem „White House Press Corps“ an – jener Vereinigung von Journalisten, die ausschließlich über den Präsidenten berichten.

"Feinde des Volkes"

Das Frage-und-Antwort-Spiel, von Millionen Menschen live im Fernsehen verfolgt, galt als Goldstandard im Ringen um Wahrheit und Rechenschaftspflicht. Was in der wichtigsten Regierungszentrale der westlichen Welt erörtert wurde, in Krisen- und Kriegszeiten auch täglich, bestimmte nicht selten die globalen Nachrichten.

Sprachloser Trump: Sechs Monate ohne Pressekonferenz

Ex-Sprecherin Sanders im Briefing Room

Seit Donald Trump regiert, der kritische Journalisten als „Feinde des Volkes“ verunglimpft, waren die Abstände zwischen den „Daily Briefings“ immer größer geworden. Bis sie ganz aufhörten. Der letzte Auftritt der inzwischen ausgeschiedenen Trump-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders liegt heute, Mittwoch, exakt sechs Monate zurück.

Weil die Presse Sanders permanent „grob“ behandle, sei es nur richtig, dass sie nicht mehr so oft an das Rednerpult trete, sagte der bevorzugt über Twitter kommunizierende Trump bereits zum Jahreswechsel.

Die de facto Abschaffung der Möglichkeit, zeitnah berichten zu können, was der mächtigste Politiker des Landes denkt, tut und plant, ist symptomatisch für die „Erosion der Transparenz“ (Washington Post) unter Trump. Und wohl ein Grund dafür, dass die USA in der Rangliste der Pressefreiheit 2019 auf Platz 48 abgerutscht sind und zwischen Rumänien und Senegal rangieren.

Beispiel macht Schule

Alle Proteste gegen die Nachrichtensperre und Aufrufe zu mehr Transparenz durch Sprecher früherer Präsidenten sind bisher verhallt. Zumal das Beispiel Schule macht. Auch im Außen- und Verteidigungsministerium ist die Unterrichtung der Medien auf Augenhöhe eine Rarität geworden.

Sanders’ Nachfolgerin Stephanie Grisham lieferte kürzlich indirekt die Erklärung dafür. Dass die akkreditierten Journalisten „nicht länger Effekthascherei vor laufender Kamera betreiben können, bekümmert uns nicht“, sagte sie mit zynischem Unterton. Schließlich kommuniziere Donald Trump „mehr mit dem amerikanischen Volk als jeder Präsident in der Geschichte“.

"Chopper Talks"

Gemeint sind abseits des Twitter-Sprachrohrs die vielen Auftritte am Rande von Kabinettssitzungen oder Staatsbesuchen im Oval Office, bei denen Trump für einige Minuten Fragesteller zulässt und mit oft erratischen Wortkaskaden abbügelt.

Zudem haben sich bizarre Presse-Begegnungen auf dem Rasen des Weißen Hauses etabliert, in Medien „Chopper Talks“ genannt („Hubschrauber-Gespräche“). Dabei steht Trump vor dem Präsidentenhelikopter „Marine One“ und schreit gegen den Lärm der Rotorblätter den hinter Sicherheitsleinen zusammengepferchten Journalisten Antworten auf mitunter nur halb verstandene Fragen entgegen.

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