Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko bleibt Fiktion

Die Mauer ist ein Zaun
Grundstücksenteignungen sind schwierig, doch der Präsident würde Beamte "begnadigen, die Gesetze missachten."

In kein Versprechen hat Donald Trump mehr politisches Kapital gesteckt als in den Bau einer Mauer, die an der Grenze zu Mexiko nach seinen Worten illegale Einwanderer, Mörder, Vergewaltiger und Drogenschmuggler abwehren soll.

Bis zur Wahl in 15 Monaten, so hat es der amerikanische Präsident auf allen Kundgebungen seinen Wählern immer wieder beteuert, soll das im US-Militär für Bauingenieurwesen zuständige „Army Corps of Engineers“ rund 800 Kilometer zusätzliche Absperrung errichtet haben – zu den bereits bestehenden 1.100 Kilometern. Der Rest der insgesamt 3.200 Kilometer langen Grenze ist durch natürliche Barrieren wie Flüsse oder Wüsten markiert.

Allein, das präsidiale Prestigeprojekt kommt nicht voran.

Obwohl Trump Anfang des Jahres wegen der Mauer einen Regierungsstillstand inszenierte, ist nach Angaben der Grenzbehörde CBP bisher kein einziger Kilometer Grenzzaun neu gezogen worden. Trumps Ex-Lieblings-TV-Sender Fox News sekundiert: „Es gibt keine neue Mauer. Das sind die Fakten.“ Bautrupps hätten lediglich in einzelnen Grenzabschnitten in Arizona, Texas und Kalifornien weniger als 100 Kilometer „abbruchreife“ Grenzbefestigungen ersetzt, die zum Teil 25 Jahren alt waren. Gleichwohl behauptet Trump das Gegenteil und nennt konträre Berichte „Fake News“: „Die Mauer wird sehr schnell hochgezogen trotz des totalen Widerstands der Demokraten im Kongress und andernorts“, schrieb er auf Twitter.

Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko bleibt Fiktion

Pentagon zahlt

Neuen Auftrieb erhofft sich Trump nun vom Pentagon. Nach einem höchstrichterlichen Urteil hat Verteidigungsminister Mike Esper jetzt 3,6 Milliarden Dollar aus seinem Etat umgeschichtet, um 170 Meilen (280 km) der Mauer neu zu errichten, für die laut Trump eigentlich Mexiko aufkommen sollte.

Dafür müssen knapp 130 Militär-Projekte im In- und Ausland auf Eis gelegt werden. „Ein Unding“, sagen die Demokraten.

Laut Recherchen der Washington Post und der New York Times löste der mangelnde Baufortschritt an der Grenze im Weißen Haus zuletzt Unbehagen bis Panik aus.

Trump soll die zuständigen Schlüsselfiguren de facto zum Gesetzesbruch animiert haben. „Nehmt das Land“, zitieren Mitarbeiter den Präsidenten. Gemeint ist die staatliche Enteignung („eminent domain“) von Grundbesitzern, deren Boden man für die Installierung der „wall“ benötigt.

In etlichen Fällen haben potenziell Betroffene erklärt, dass sie nicht mit der Regierung in Washington kooperieren wollen. Abgesehen davon haben Umweltverbände, die etwa im berühmten „Organ Pipe Cactus National Monument“, einem Schutzgebiet für seltene Kakteen bei Tucson/Arizona, Ungemach für die Natur wittern, Klagen angekündigt. So oder so: Es zeichnen sich lange juristische Fingerhakeleien ab.

Trump will das verhindern und propagiert die harte Gangart. Aber: Sollte die Regierung bei der Inbesitznahme von Grundstücken durchgreifen, „bewegen sich Beamte rechtlich auf dünnem Eis und müssen mit Klagen rechnen“, sagte ein mit der Lage vertrauter Jurist in Washington dem KURIER.

„Ich begnadige euch“

Trumps Rezept dagegen: Er soll im kleinen Kreis mehrfach erklärt haben, etwaigen Gesetzesbrechern im Staatsapparat aus der Klemme zu helfen: „Macht euch keine Sorgen, ich begnadige euch“, zitieren die beiden führenden Zeitungen Berater im Weißen Haus. Regierungssprecher dementierten die Berichterstattung als „fabriziert“, um Trump zu diffamieren. Dabei wurde verdrängt, dass der Präsident im Frühjahr ähnliche Avancen machte.

Damals appellierte er an den heutigen Heimatschutzminister Kevin McAleenan, er soll die Grenze schließen, um den Andrang von Asylsuchenden in den Griff zu kriegen. Sollte der Spitzenbeamte juristische Probleme bekommen, werde er ihn begnadigen, berichteten damals etliche Medien.

Augenzwinkern

Das Weiße Haus zog sich seinerzeit mit der Interpretation aus der Affäre, Trump habe seine Offerte mit einem Augenzwinkern garniert; also nicht ernst gemeint.

Für Trump ist die Bau-Stagnation an der Grenze ein Ärgernis, das größer wird, je näher der Wahltag rückt und Wähler genauer hinhören, wenn Bilanz gezogen wird: Was hat der Präsident fest versprochen – und welche Versprechen wurden gehalten?

Erst vor wenigen Tagen rechnete der konservative und Trump regelmäßig zugetane Washington Examiner in Sachen Grenze vor, dass seit Trumps Amtsantritt im Jänner 2017 bis heute lediglich 70 Kilometer Grenzzaun entstanden seien – als Ersatz.

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