Riesenrazzia: Italienische Polizei nimmt Hunderte Mafiosi fest
Bei der größten Anti-Mafia-Operation seit den 1980er-Jahren sind am Donnerstag in Italien 334 Personen festgenommen worden. Prominente Anhänger der kalabrischen 'Ndrangheta, Unternehmer und Politiker mussten entweder in Untersuchungshaft oder in den Hausarrest, teilte die italienische Polizei am Donnerstag mit.
Den Verdächtigten werden unter anderem Morde, Erpressungen, Wucher und Geldwäsche vorgeworfen. Die kalabrischen Justizbehörden ermittelten gegen insgesamt 416 Personen. Über 260 Verdächtige wurde Untersuchungshaft verhängt, 70 bekamen Hausarrest, vier weitere dürfen nicht mehr an ihren Wohnort zurückkehren. Zu Festnahmen kam es auch in Deutschland, der Schweiz und Bulgarien. Unter den Festgenommenen waren kalabrische Politiker, darunter ein Ex-Senator und der Bürgermeister einer Gemeinde in Kalabrien, teilten die Ermittler mit.
Den Verdächtigen wird unter anderem Erpressung, Mord, Drogenhandel, Geldwäsche und Zugehörigkeit zu einer mafiösen Organisation vorgeworfen. Die Wirtschaftswelt sei untergraben, Bars, Restaurants und Hotels für Geldwäsche genutzt und sogar Bestattungen von der Mafia kontrolliert worden, so die Polizei. Politiker, Unternehmer und selbst ein Polizist sind unter den Verdächtigen.
Die Ermittlungen zeigen enge Verstrickungen der ́Ndrangheta mit der Mafia in der süditalienischen Region Kalabrien und der Politik auf. 2.500 Carabinieri waren bei der Razzia im Einsatz. Insgesamt 15 Millionen Euro wurden beschlagnahmt. Die Aktion konzentrierte sich auf die kalabrische Provinz Vibo Valentina, erstreckte sich aber bis nach Norditalien.
„Was die Zahl der Festnahmen betrifft, handelt es sich um die wichtigste Anti-Mafia-Operation seit jener, die die (von der Mafia im Jahr 1992, Anm.) ermordeten Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino geführt hatten“, berichtete der Oberstaatsanwalt von Catanzaro, Nicola Gratteri, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Er gilt als einer der prominentesten Ndrangheta-Experten.
Der Präsident der Anti-Mafia-Kommission im italienischen Parlament, Nicola Morra, bezeichnete die Razzia am Donnerstag als „riesigen Schritt vorwärts im Kampf gegen die ́Ndrangheta“. Der Präsident der Abgeordnetenkammer Roberto Fico sprach von einem „wichtigen Tag für den italienischen Staat“. „Der Kampf gegen die organisierte Kriminalität hat für Italien Priorität“, sagte Fico.
Die 'Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt. Sie dominiert den internationalen Drogenhandel, verdient ihr Geld aber auch mit Waffen, Geldwäsche und durch Korruption. Experten schätzen, dass die 'Ndrangheta jährlich einen weltweiten Umsatz zwischen 50 und 100 Milliarden Euro macht.
Im Mai hatte Morra vor einer Expansion der Mafia-Clans in Richtung Österreich gewarnt. Insbesondere auf der Achse Modena-Brenner bemerkte man in den letzten Jahren zunehmende Aktivität, warnte Morra. „Vor allem die ́Ndrangheta hat sich in der deutschsprachigen Welt verankert“, sagte Morra nach Medienangaben.
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