Für einen offiziellen Rekord reicht das jedoch bei Weitem nicht. Erst im Jahr 2019 gab die erst 21-jährige Amerikanerin Lexie Alford an, 196 Länder der Welt betreten zu haben. Die Vereinten Nationen anerkennen offiziell 195 eigenständige Staaten.
Dennoch hat Prinz Philip mit seinen Reisen Geschichte geschrieben. Weil er Geschichte erlebt hat. Als er 1921 geboren wurde, vereinte das Empire, das britische Weltreich, ein Viertel der gesamten Weltbevölkerung unter seiner Krone. Zum Zeitpunkt der Heirat mit der späteren Queen 1947 verfügte Großbritannien immer noch über mehr als 50 Kolonien – von der unscheinbaren Karibikinsel bis zur aufstrebenden Region in Asien.
Reiste der Herzog wie Anfang der 1950er nach Kenia, betrat er ein fremdes Land – und war dennoch auf heimischem Boden. Nur in Griechenland, seinem Geburtsland, war er nie in offizieller Mission. „Ich habe nie nostalgische Gefühle gehabt, wenn es um Griechenland ging“, sagte er.
Prinz Philip hat gesehen, wie sich diese – britische – Welt im Laufe der Jahrzehnte auflöst. Wie neue Grenzen gezogen und alte Systeme gestürzt wurden. Er dinierte mit Staatsspitzen aller Art, von Putschist Alfredo Stroessner aus Paraguay bis Dwight D. Eisenhower. Insgesamt sollte er 14. US-Präsidenten als Prinzgemahl erleben. Er übernachtete im Kreml und bekam in Liberia zwei Zwergflusspferde geschenkt.
Das Empire war da längst nur mehr ein stolze Erinnerung. Die bis heute letzte Neuerwerbung der britischen Krone war 1955 Rockall, ein Felsen mit 30 Metern Durchmesser im Nordostatlantik.
Der Tod des „ersten Dieners der Queen“ stellt für die Briten daher einen willkommenen Anlass dar, an die Vergangenheit zu erinnern. Doch sobald sich der Nebel der Folklore gelegt hat, blicken sie einer ungewissen Gegenwart und Zukunft entgegen. Das Land sucht nach vollzogenem Brexit nach seinem Platz in der Welt.
„Großbritannien blickt auf viele Jahrhunderte kontinuierliche eigenstaatliche Geschichte zurück, ohne feindliche Besetzung. Wenn es eine Macht in Europa gibt, die auf eigenen Füßen stehen und aus eigener Kraft überleben kann, dann ist es Großbritannien“, sagte Brendan Simms, Historiker an der Universität Cambridge, bereits während der Brexit-Verhandlungen. „Das Empire gibt es nicht mehr, aber es gibt für Großbritannien eine Welt außerhalb Europas.“ Prinz Philip hat diese schon gesehen.
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