Nur ein Stück Stoff? Frankreich diskutiert erneut über Burkinis

Nur ein Stück Stoff? Frankreich diskutiert erneut über Burkinis
Die Stadt Grenoble wollte Frauen freistellen, wie sie in öffentlichen Bädern schwimmen gehen. Das oberste Verwaltungsgericht in Paris schob dem nun einen Riegel vor.

Ist der Burkini nur ein Kleidungsstück, das strenggläubigen Muslimas einen Badbesuch ermöglicht – oder ein Symbol des politischen Islam? Diese Frage führt in Frankreich einmal mehr zu hitzigen Debatten.

Oben ohne oder verhüllt

Jüngster Anlass ist ein Entscheid des obersten Verwaltungsgerichts, des Staatsrats. Dieser bestätigte am Dienstag das Urteil eines Verwaltungsgerichts, das eine neue Badeordnung in Grenoble für unzulässig erklärt hatte. Die von einem grünen Bürgermeister regierte Stadt hatte es Frauen ab 1. Juni freigestellt, wie sie in den kommunalen Bädern schwimmen gehen wollen.

Oben ohne, mit Bikini, Badeanzug oder im Burkini, der nur Gesicht, Hände und Füße freilässt – alles sollte erlaubt sein, solange der Stoff der Bekleidung geeignet und eng anliegend sei. Stadtchef Eric Piolle sprach von „sozialem Fortschritt“, der Diskriminierung verhindere.

"Kniefall vor Islamisten"

Konservative Politiker im Stadtrat erboste die Burkini-Erlaubnis, sie sahen darin einen Kniefall vor radikalen Muslimen. Auch der französische Innenminister Darmanin tobte und wies den Regionspräsidenten an, Klage einzureichen. 

2016 hatte es in Frankreich erstmals größere Debatten um den Burkini gegeben, die auch in anderen europäischen Ländern interessiert verfolgt wurden. Mehrere Orte an der Cote d’Azur verboten damals Ganzkörper-Badeanzüge.

Der Staatsrat erklärte den Schritt in der Folge – entgegen seiner jetzigen Entscheidung – für rechtswidrig. Kommunen beriefen sich daraufhin auf Hygiene- und Sicherheitsregeln, um Burkinis de facto doch zu verbannen. Sein jüngstes Burkini-Urteil begründete der Staatsrat mit einer Verletzung der Gleichbehandlung oder einer Gefährdung der Neutralität des öffentlichen Dienstes.

Laizismus

Das Thema ist in Frankreich deshalb so heikel, weil das Land laizistisch ist, d. h. Staat und Religion sind strikt getrennt sind. Bereits seit 1994 gibt es ein Gesetz, das in Schulen nur diskrete religiöse Symbole erlaubt, die jüdische Kippa und das christliche Kreuz allerdings nicht. 2010 wurde Vollverschleierung in der Öffentlichkeit untersagt.

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