Aufregung im Netz: Schon fast eine Milliarde Spenden für Notre-Dame

Nach dem Brand der Kathedrale ist schon fast eine Milliarde Euro an Spenden zusammengekommen. Zahlreiche Menschen äußern darüber Kritik in den sozialen Medien.

Zwei Tage nach dem verheerenden Brand der Notre-Dame-Kathedrale ist schon fast eine Milliarde Euro an Spenden für den Wiederaufbau zusammengekommen. "Heute Morgen waren es fast 900 Millionen. Ich denke, wir werden heute noch die Milliardengrenze überschreiten", sagte der Fernsehmoderator Stephane Bern, der im Auftrag von Staatschef Emmanuel Macron für die Renovierung historischer Baudenkmäler in Frankreich zuständig ist, am Mittwoch dem Sender RMC. Er erhalte Spenden aus vielen Ländern für die Kathedrale. "Die ganze Welt ist an unserer Seite", sagte Bern.

Ganz so scheint es nicht der Fall zu sein. Das schnelle Spendenaufkommen für die Kathedrale erfreut nicht jeden. In den sozialen Medien herrscht große Aufregung darüber. Viele User haben kein Verständnis dafür, dass für eine Kirche in so kurzer Zeit so viel Spendengeld zusammen kommt, für humanitäre Katastrophen oder Hunger in der Welt jedoch nicht. Als weiterer Grund für das Unverständnis wird auf Twitter die Höhe des Vermögens des Vatikans genannt.

Kritik übten unter anderem auch die Band Culcha Candela und die Schauspielerin Natascha Ochsenknecht auf Facebook.

Schnell kam in Frankreich die Frage nach den Kosten für dieses gewaltige Projekt auf - und wer diese trägt. Die Kathedrale sei im staatlichen Besitz und somit nicht im klassischen Sinne versichert, berichtete die Zeitung Le Monde unter Berufung auf den französischen Versicherungsverband. Der Staat sei in diesem Falle sein eigener Versicherer. Zwar, so die Zeitung weiter unter Berufung auf einen Experten, seien viele Gebäude wie etwa der Eiffelturm auf Teilschäden versichert. Die Schadensdeckung liege aber deutlich unter den maximalen Kosten, die ein Schaden verursachen könne. Außerdem wären die zu zahlenden Versicherungsprämien für derartige Kulturdenkmäler exorbitant hoch.

Mehrere französische Milliardärsfamilien hatten kurz nach dem Brand Spenden über Hunderte Millionen Euro versprochen - darunter die Familien Arnault, Bettencourt und Pinault. Die französische Kulturerbe-Stiftung Fondation du Patrimoine hat eine Spendensammlung gestartet und eine entsprechende Webseite eingerichtet. Sie brach zwischenzeitlich zusammen. Dort waren am Mittwochvormittag schon fast elf Millionen Euro zusammengekommen.

Zeitplan und Kosten des Wiederaufbaus

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hatte bereits versichert, die Kathedrale innerhalb der nächsten fünf Jahre wiederaufzubauen. Dabei gibt es jedoch einige Herausforderungen. Wie lange dauert die Restaurierung, ist eine originalgetreue Wiederherstellung möglich, und mit welchen Kosten ist zu rechnen? Das sind die Herausforderungen für die nächsten Jahre:

- Kosten

Die Zahlen variieren je nachdem, ob traditionelle oder moderne Techniken zur Anwendung kommen. In jedem Fall werden die Sanierungsarbeiten nach Einschätzung von Experten mehrere hundert Millionen Euro kosten. Die Solidarität und Spendenbereitschaft der Menschen dürfte es aber erlauben, dass diese Kosten gedeckt werden. "Dieses Mal ist es nicht das Geld, das fehlen wird", sagt der Berater der französischen Regierung für Kulturgüter, Stephane Bern.

- Zeitraum

Auch die Prognosen über die benötigte Zeit für den Wiederaufbau der Pariser Kathedrale variieren stark. Präsident Emmanuel Macron sagte nach der Katastrophe einen Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren zu. Bern dagegen geht von "mindestens zehn bis 20 Jahren" aus.

Zunächst müssen die Schäden bewertet werden, danach muss entschieden werden, wie sie behoben werden sollen. Erst dann können die Ausschreibungen folgen. Zeit in Anspruch nehmen werden auch die Vorbereitungsarbeiten, etwa die Beseitigung der Wasserschäden durch die Löscharbeiten. Die Restaurierungsarbeiten selbst lassen sich nach Experteneinschätzung relativ schnell erledigen.

- Ausschreibungen

Im Gegensatz zu Kathedralen in anderen Ländern, die nicht dem Staat gehören, unterliegen die Ausschreibungen für den Wiederaufbau von Notre-Dame komplexen Regeln. Die bei den Ausschreibungen berücksichtigten Unternehmen können auf Subunternehmer zurückgreifen, die wiederum selbst auf Subunternehmer zurückgreifen können.

- Versicherung

Es droht eine langwierige Diskussion über die Versicherungsfrage: Wer ist für was verantwortlich? Allein herauszufinden, was genau die Brandursache war, dürfte schwierig werden.

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