Feiern, bis der Arzt kommt. Im Party-Mekka Miami Beach hat der Spruch gerade eine besonders unschöne Bedeutung. Tausende Jugendliche, die zu den alljährlichen "Spring Break"-Semesterferien ins warme Florida gekommen sind, bevölkern Tag und Nacht den berühmten Ocean Drive in South Beach. Jene Meile im Art-Deco-Viertel, an der Gloria Estefan und Gianni Versace einst Domizile hatten. Bei den zügellosen Freiluftfeten rund um "Mango’s Tropical Café" fließen Mojito und Caipirinhas in Strömen, wird traditionell so gut wie keine Droge unberührt gelassen.
In diesem Jahr, womöglich eine extreme Form von Triebabfuhr nach den Corona-Restriktionen, ist die Stimmung laut Bürgermeister Dan Gelber besonders gereizt und gewalttätig. Nachdem fünf junge Besucher mit Schusswunden ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, hat er gemeinsam mit City-Managerin Alina Hudak die Reißleine gezogen. Ab heute, Donnerstag, gilt zunächst bis Anfang kommender Woche im Epizentrum des Feierns von Mitternacht bis sechs Uhr morgens eine Ausgangssperre. Restaurants und Bars müssen schließen. Geschäfte mit Liquor-Lizenz dürfen keinen Alkohol mehr verkaufen.
Patrouillierende Cops auf ihren geländegängigen Fahrzeugen sind angehalten, jeden zu verhaften, der die Anordnung missachtet. Auf den Brücken, die nach Miami Beach führen, wird die Polizei zudem Checkposten einrichten. Nur wer ein Hotelbett vorweisen kann oder Anrainer ist, kommt abends noch an den Strand.
"Wir haben nicht um Spring Break gebeten, wir bewerben das nicht, wir ermutigen niemanden, zu kommen. Wir ertragen es einfach. Aber wir können das hier nicht länger aushalten, wir können einfach nicht mehr", sagte Dan Gelber. Was er meint, ist auf einigen Handy-Videos zu sehen: Tausende säumen den "Ballermann" von Miami Beach, den Ocean Drive. Aus Lautsprechern wummern die Bässe, die Menge johlt, tanzt und trinkt. Plötzlich peitschten Pistolenschüsse durch die Nacht. Hunderte laufen zum Strand. Polizei-Einsatztrupps versuchen die Lage zu beruhigen.
"Rohheit"
"Das ist einfach nicht mehr der Spring Break deiner Mutter oder deines Vaters, das ist etwas völlig anderes", sagt der Bürgermeister und verlangt nach Erklärungen für die überdurchschnittliche Rohheit und Gewaltbereitschaft vieler Gäste. Zwischenstand laut Polizei: Es sind meist Einheimische, die für Ärger sorgen, nicht die Tagestouristen.
Gegen Vernunft und Empfehlungen der Gesundheitsschützer hatte Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der sich Hoffnungen auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 macht, trotz Corona seinen Bundesstaat im Vorjahr zur Party-Hochburg erklärt. Spring Break war damals ein "Multispreader-Event erster Güte", klagte die Lokalzeitung Miami Herald.
Polizei-Chef Richard Clements sieht sein Departement in diesem Jahr jedenfalls an der Leistungsgrenze. Knapp 400 Beamte seien allein am vergangenen Wochenende bis in die späte Nacht im Einsatz gewesen. Nicht genug, um den Massenandrang zu kanalisieren. "Wir brauchen mehr Personal." Was ihm besonders Sorgen macht: Die Zahl der bei Party-Gästen konfiszierten Waffen hat in den vergangenen drei Wochen bereits die 100er-Grenze durchbrochen.
Kommentare