Erpressung, Einbrüche, Drogenhandel: Die Macht des Miri-Clans

Symbolbild
Der Chef der kriminellen Familie wurde zwar abgeschoben, doch der Einfluss des Clans dürfte bleiben.

Mittwoch, 3:40 Uhr, Bremen. Ibrahim Miri blickt in die vermummten Gesichter deutscher Polizeibeamter, die ihn in Gewahrsam nehmen und in ein Flugzeug in den Libanon setzen. Lange haben die Behörden geplant, Miris Haus beobachtet, zugeschlagen.

Der Chef eines der einflussreichsten Clans in Deutschland wurde abgeschoben – 13 Jahre nachdem ihn die Behörden für ausreisepflichtig erklärt hatten. Denn Ibrahim Miri hatte sich seit den 80er-Jahren ein kriminelles Imperium aufgebaut, gemeinsam mit seiner Familie – dem Miri-Clan.

Als in den 80ern der libanesische Bürgerkrieg tobte, flüchteten 15.000 Menschen nach Deutschland, hauptsächlich nach Bremen und Berlin. Ibrahim Miri war damals 13 Jahre alt, sollte in den kommenden Jahren jedoch rasch in der Clan-Hierarchie aufsteigen. Durch Betrug, Erpressung, Einbrüche, Drogenhandel und andere kriminelle Machenschaften machten sich die Miris rasch einen Namen, die Großfamilie wuchs an. Heute wird der Clan auf 3000 Menschen geschätzt, gegen 1200 soll bereits ermittelt worden sein.

Mitte der Nuller-Jahre begann der Clan, sich offen zur Schau zu stellen: Weiße Polo-Shirts mit goldenem M, laute Luxuskarossen, mit denen sie durch die Bremer Partynächte brausten. Clan-Mitglieder stellten Schilder mit der Aufschrift „Regierungsbezirk Miri“ in den Straßen auf, 2006 kam es zu einer Schießerei mit einem verfeindeten Clan, bei der einige Menschen verletzt wurden.

Gelang es der Justiz, kriminelle Mitglieder vor Gericht zu stellen, kamen diese meist mit milden Strafen davon, etwa ein mehrfach wegen unter anderem Körperverletzung und Drogenhandel vorbestraftes Paar, das wegen Hehlerei und vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt war: 1200, beziehungsweise 320 Euro mussten sie zahlen, von der Staatsanwaltschaft geforderte Haftstrafen wurden keine verhängt.

In einem anderen Prozess beschimpfte ein Bruder des Angeklagten die Richterin neun Minuten lang, Zeugen wurden massiv unter Druck gesetzt.

Ab 2011 wurde der Miri-Clan in der Rocker-Szene aktiv: Die „Mongols“, deren Präsident Ibrahim Miri war, lieferten sich heftige Kämpfe mit den Hells Angels um die Vorherrschaft in Bremen, die Polizei musste zum Teil ihre Schusswaffen einsetzen, um die Situation ansatzweise unter Kontrolle zu bekommen. Die Ermittler kämpften mit mehr Elan gegen die Clan- und Rockerstrukturen, erwischten 2013 ein Auto, in dessen Kofferraum ein Sack voll mit Marihuana lag. Den Wagen fuhr Ibrahim Miri, der im Anschluss zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Doch auch von der Zelle aus leitete er die Geschicke des Clans, ab 2017 durfte er das Gefängnis zeitweise verlassen.

Da er nach wie vor als Kopf des Clans gilt, feiern die Behörden ihren Erfolg. Laut Informationen der deutschen „Bild“ ist er im Libanon bereits auf freiem Fuß. Ein Clan-Insider sagte der Zeitung: „Wenn er will, kann er jederzeit nach Deutschland zurück. Die Kontrollen sind so lasch. Die Frage ist, ob er es will. Seine Geschäfte kann er auch aus dem Libanon heraus machen.“

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