Das Besondere an der Berliner Technokultur ist nicht unbedingt die Musik selbst – die stammt ursprünglich aus den USA, etwa aus Detroit, und wird längst rund um die Welt produziert und gehört –, sondern vielmehr die Subkultur, die rundherum entstanden ist. „Die Berliner Technokultur steht seit vielen Jahren für Werte wie Vielfalt, Respekt und Weltoffenheit“, betonte etwa Kulturministerin Claudia Roth (Grüne).
Ein Kind des Mauerfalls
Zudem entstand die Technokultur unter einzigartigen Umständen nach dem Fall der Berliner Mauer 1989, was sie entscheidend prägte. Das würdigte auch die deutsche UNESCO-Kommission: Es handle sich „nicht nur um eine spezifische Musikstilrichtung, sondern auch um einen gelebten Gegenentwurf zu klassischen Praktiken des Musikhörens.“
Nach dem Mauerfall wurde Techno zum Sound des Aufbruchs in einer wiedervereinten Stadt. Entlang des früheren „Todesstreifens“ im Osten der Stadt gab es plötzlich einerseits unzählige freie Flächen und leere Gebäude, die sich die Szene innerhalb kürzester Zeit aneignete – und andererseits praktisch keine Kontrollen und somit keine Regeln.
Tanz, Feiern und Ekstase wurden zu den Begleitern der neu entdeckten Freiheit, definierten ein Lebensgefühl und machten Berlin dadurch zur „Welthauptstadt des Techno“. Zudem war die Szene stets von einem starken „Do it yourself“-Gedanken getrieben.
Kommerzialisierung
Nicht zuletzt durch die erstmals 1989 durchgeführten „Love Parade“ wurde Techno in den 1990er-Jahren dann von der Sub- zur Massenkultur – eine Kommerzialisierung, die auch Spannungen hervorbrachte. So wurde auch der Parade selbst ab 2001 nicht mehr der Status einer Demonstration zugestanden, 2006 zog sich schließlich Mitgründer Dr. Motte wegen ebendieser Kommerzialisierung zurück.
Gleichzeitig gab es abseits der Love Parade – und selbstverständlich dem Feiern in Clubs – laufend und bis heute kleine und große Raves und Festivals, in denen das gemeinsame Tanzen, Kreativität, Selbstverwirklichung und Achtsamkeit im Vordergrund stehen.
Die Technokultur hat sich mit Sicherheit verändert und die Freiräume, die die Berliner Szene entscheidend geprägt haben, sind zwar weniger geworden, ihren Grundwerten ist sie aber bis heute treu geblieben.
Immense Wertschöpfung durch Techno-Tourismus
Gleichzeitig ist Techno ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. 2019 schätzte eine Studie der Berliner Club Commission, dass jährlich 1,5 Milliarden Euro durch die Clubkultur erwirtschaftet werden.
Von der Anerkennung als Weltkulturerbe erhofft man sich in der Szene nun mehr Anerkennung und Wertschätzung – und in weiterer Folge Vorteile für Veranstalterinnen und Veranstalter. Der Status senke Hürden und Auflagen bei der Neueröffnung und Erhaltung von Kulturstätten und vereinfache den Zugang zu Subventionen und Förderungen, hofft man bei „Rave the Planet“.
So könnten „die Orte, die bereits seit langer Zeit existieren, viel besser geschützt werden“.
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