Lage nach Dauerregen im Westen Deutschlands etwas entspannter
Enorme Regenmengen haben im Saarland Überflutungen, Erdrutsche und voraussichtlich hohe Schäden verursacht. Über Verletzte war zunächst nichts bekannt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob am frühen Samstagmorgen alle Unwetterwarnungen in Deutschland auf. Die Lage entspannte sich am Vormittag etwas. Am Samstag machte sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Bild von der Situation an Ort und Stelle.
Nach bisherigen Kenntnissen sind bei dem schweren Unwetter am Freitag mit stundenlangen Niederschlägen und großflächigen Überflutungen bis in die Nacht keine Menschen ums Leben gekommen. Bei einer Evakuierungsaktion habe es einen Verletzten gegeben, sagte der Sprecher des Lagezentrums. Ein Mensch sei ins Wasser gefallen und anschließend in ein Krankenhaus gebracht worden. Sein Zustand ist zurzeit unbekannt, hieß es vom saarländischen Innenministerium.
Überflutete Straßen
Auf Videos waren zur Hälfte im Wasser stehende Autos, im Hochwasser feststeckende Wohnwagen und zahlreiche überflutete Straßen zu sehen. Gebäude wurden notdürftig mit Sandsäcken geschützt, teilweise stehen ganze Straßenzüge unter Wasser. Das Lagezentrum in Saarbrücken registrierte bisher mehr als 3.000 Polizei- und Rettungseinsätze im Bundesland. Allein die Polizei im Saarland verzeichnete bis zum frühen Samstagmorgen (7.00 Uhr) rund 1.000 Einsätze. Hinzu kommen nach Angaben des Saar-Innenministeriums mehr als 2.400 Einsätze von Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen.
Am frühen Samstagmorgen entspannte sich demnach die Lage etwas: Seit 1.00 Uhr stiegen die Pegelstände zumindest nicht mehr, sagte ein Sprecher des Lagezentrums. Die Rettungskräfte seien aber weiterhin im Großeinsatz. Nach einer unruhigen Nacht begann in den betroffenen Regionen das Aufräumen. Das genaue Ausmaß der Schäden dürfte erst in den nächsten Tagen sichtbar werden. Weiterhin angespannt sei die Lage in Blieskastel, da der Pegelstand des Flusses Blies weiter leicht gestiegen sei. Gegen Samstagmittag werde dort der Höchststand erwartet. Zahlreiche Helfer versuchten, eine Überschwemmung der Altstadt von Blieskastel zu verhindern.
Scholz sichert Unterstützung zu
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte sich am Samstagmittag im Saarland nach Dauerregen und Hochwasser ein Bild von der Situation. Scholz sicherte den Betroffenen bei seinem Besuch Unterstützung zu. "Jetzt steht die akute Hilfe im Vordergrund", sagte der SPD-Politiker am Samstag in der Gemeinde Kleinblittersdorf an der Saar. Wenn der Schaden besser einzuschätzen sei, werde man koordinieren, was zu tun sei, um denjenigen zu helfen, die in Not geraten seien. "Wir haben da eine gute Praxis der Solidarität." Man werde schauen, was zu tun und notwendig sei. "Alle können sich darauf verlassen, dass das im besten Sinne geschieht." Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sprach von der schwierigsten Lage im Saarland seit dem Jahrhunderthochwasser vor rund 30 Jahren. "Das Saarland befindet sich seit rund 36 Stunden im Ausnahmezustand", sagte die SPD-Politikerin. Sie habe Menschen gesehen, die um ihr Hab und Gut und einige sogar um ihr Leben gekämpft hätten. Gut sei, dass der starke Regen nachgelassen habe.
Es handle sich um ein Hochwasserereignis, wie es alle 20 bis 50 Jahre stattfinde, teilte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz mit. Der DWD maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden. Für diesen heftigen Regen seien Flüsse und Infrastruktur nicht ausgerichtet, sagte eine Meteorologin. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Monat April waren im Saarland rund 74 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen worden - und dies war ein Sechstel mehr Niederschlag als normalerweise in dem Monat.
Großschadenslage ausgerufen
Die Landeshauptstadt Saarbrücken rief ebenso wie mehrere Kreise eine Großschadenslage aus. Mehrere Gebäude im Stadtgebiet mussten evakuiert werden. Die Stadt richtete Ausweichquartiere in Schulen und ein Bürgertelefon ein. Im saarländischen Völklingen wurden wegen des anhaltenden Regens Straßenzüge vom Stromnetz genommen: "In Völklingen werden Schäden in Millionenhöhe erwartet, insbesondere im privaten Bereich", hieß es.
Wegen des Unwetters meldete auch die Deutsche Bahn massive Beeinträchtigungen und Ausfälle im Zug- und Schienenersatzverkehr in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Von nicht notwendigen Reisen ins Saarland sei abzusehen, teilte die Bahn mit. Die Saarbahn kann nach Angaben des Unternehmens nur zwischen Güchenbach und Saargemünd fahren. Auch im benachbarten Rheinland-Pfalz waren Städte vom Dauerregen betroffen. Keller und Straßen liefen voll und Bäume stürzten um, wie die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) berichtete. Viele kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer.
Warnstufe Rot auch in Frankreich
Warnstufe Rot wurde auch in der benachbarten französischen Region Moselle in Lothringen ausgegeben. Der Wetterdienst Metéo France berichtete am Samstag von "außergewöhnlichem Hochwasser" des Saar-Nebenflusses Nied und von "starkem Hochwasser" an mehreren Flüssen im Nordosten der Region an der Grenze zu Deutschland. Im Department Bas-Rhin rund um Straßburg herrscht demnach Warnstufe Orange, also die zweithöchste Stufe.
"Das Äquivalent von mehr als einem Monatsregen ist in weniger als 24 Stunden gefallen", erklärte die Präfektur am Freitagabend und sprach von einer "beeindruckenden, aber nicht dramatischen" Situation, in der "keine Toten oder Verletzten" zu beklagen seien. Der Hochwasserdienst Vigicrues teilte am Samstag mit, dass die "bemerkenswerte Regenperiode" in den Departements Moselle, Meurthe-et-Moselle und Bas-Rhin zwar vorbei sei. "Dennoch werden die Pegel an den meisten Flüssen in diesem Gebiet weiter ansteigen."
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